Schon jetzt mehr Masernfälle als im ganzen Jahr 2016

Immer wieder warnen Ärzte: Masern sind keine harmlose
Kinderkrankheit. Die Infektion ist hochansteckend und endet in
seltenen Fällen sogar tödlich. Bei den Versuchen, die Krankheit
auszurotten, kommt Deutschland dennoch nicht weiter.

Berlin (dpa) - In Deutschland haben sich in den ersten Monaten 2017
bereits mehr Menschen mit Masern infiziert als im gesamten
vergangenen Jahr. Die Zahl der beim Robert Koch-Institut (RKI)
in Berlin gemeldeten Fälle liegt inzwischen bei mehr als 400. Im
vergangenen Jahr wurden bundesweit 325 Fälle erfasst. Für die
angestrebte Ausrottung der Masern hätte es weniger als einen Fall pro
eine Million Einwohner geben dürfen, also nur rund 80 Fälle oder
weniger.

Zum Start der Europäischen Impfwoche am Montag schlugen gleich
mehrere Organisationen Alarm: Gegen Masern hätten sich im vergangenen
Jahr wieder weniger Menschen impfen lassen, teilte die
Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) mit. Es seien
1,9 Millionen Impfdosen von Apotheken an Ärzte abgegeben worden - ein
Minus von 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, hieß es unter Berufung
auf Berechnungen des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts. 2015 war der
Absatz nach einem großen Masernausbruch in Berlin laut Angaben auf
2,3 Millionen Impfdosen angewachsen - damals ein Zuwachs um 46
Prozent im Vergleich zu 2014.

«Der Masernausbruch vor zwei Jahren hatte offenbar nur eine
kurzfristige positive Wirkung auf die Impfbereitschaft», erklärte
ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold. «Ziel muss es jedoch sein, eine
dauerhaft hohe Impfquote in allen Altersgruppen zu erreichen.» Wer
sich impfen lasse, schütze nicht nur sich selbst, sondern auch
seine Familie und die gesamte Bevölkerung.

Pädiatrische Verbände unter dem Dach der Deutschen Akademie für
Kinder- und Jugendmedizin betonten, von den bislang in diesem Jahr
registrierten Masernfällen entfielen mehrere Dutzend auf Säuglinge.
Bei Babys ist die Erkrankung besonders gefürchtet, weil es als
seltene Spätfolge zu einer chronischen, tödlichen
Maserngehirnentzündung kommen kann. Je früher man sich mit Masern
infiziere, desto höher die Gefahr, erklärte der Berliner Kinder- un
d
Jugendarzt Martin Terhardt.

Heute bekommen jedoch Frauen aus jenen Jahrgängen Kinder, in denen
große Impflücken vermutet werden. Wer in den 80er und 90er Jahren zur
Welt kam, hat die Masern in der Regel selbst nicht durchgemacht und
ist oftmals nur einfach geimpft - inzwischen wird eine zweimalige
Impfung empfohlen. Das Problem hierbei ist, dass nur geschützte
Frauen Antikörper an ihren Nachwuchs weitergeben können. Säuglinge
können erst ab dem 9. Lebensmonat immunisiert werden.

Weiter kritisierten die Kinder- und Jugendärzte die Versuche von
Impfgegnern, die Impfung etwa im Internet mit falschen Angaben in
Misskredit zu bringen. Sie widersprachen ausdrücklich Darstellungen,
wonach es Zusammenhänge zwischen der Impfung und Allergien,
plötzlichem Kindstod oder gar Autismus gebe.