Er will's nochmal wissen: Horst Seehofer tritt wieder an Von Christoph Trost und Marco Hadem, dpa

Horst Seehofer hat in seiner politischen Karriere Triumphe erlebt und
krachende Niederlagen. Mal stand er fast vor dem politischen Aus,
dann regierte er wieder unangefochten. Nun will er weitermachen.

München (dpa) - CSU-Chef zu werden, das war Horst Seehofers
Lebenstraum. Bayerischer Ministerpräsident wollte er dagegen nie
unbedingt werden. Doch er wurde beides - und will nun beides bleiben:
Der 67-Jährige will in diesem Herbst noch einmal als Parteichef und
im September 2018 noch einmal als Ministerpräsident kandidieren. Das
kündigte er vor CSU-Gremiensitzungen an diesem Montag einem kleinen
Kreis von Parteifreunden an. Intern war lange damit gerechnet worden.

Aber was ist das für ein Mensch? Da gehen die Meinungen weit
auseinander: Ein Quertreiber und Dauer-Nörgler, ein gnadenloser
Populist und Opportunist - das sagen die einen. Ein Kümmerer, eine
Art Volkstribun, ein Diener des Volkes - so sieht er sich selbst.

Schon jetzt blickt Seehofer auf vier Jahrzehnte Politik zurück: 1980
zog er in den Bundestag ein, 1992 wurde er Bundesgesundheitsminister.
Nach der Wahlniederlage der Union 1998 gab der CSU-Politiker, nach
langem Streit mit der CDU über die Gesundheitspolitik, zuerst die
Zuständigkeit für die Sozialpolitik in der Unionsfraktion und dann
den Vize-Fraktionsvorsitz ab. Ein Jahr vor der Bundestagswahl 2005
war Seehofer - wie er selbst einmal sagte - «politisch tot». Doch er
kam wieder: als Bundesagrarminister, durchgesetzt von Edmund Stoiber.

Sein Weg nach Bayern führte über eine weitere Niederlage: Auf dem
Parteitag 2007, als es um das Erbe Edmund Stoibers ging, unterlag er
im Kampf um den Parteivorsitz dem Niederbayern Erwin Huber. Erst ein
Jahr später, nach der dramatischen CSU-Wahlniederlage mit dem Verlust
der absoluten Mehrheit, schlug Seehofers große Stunde: Im Herbst 2008
wurde er binnen weniger Tage Parteichef und Ministerpräsident.

Seither durchlebte Seehofer Höhen und Tiefen. Die Rückeroberung der
absoluten Mehrheit in Bayern 2013 war sein bislang größter Triumph.
Doch schon bei der Europawahl ein Jahr später ließ eine missglückte
Wahlkampfstrategie Seehofers die CSU wieder dramatisch absacken.

Inzwischen richtet Seehofer seine Politik nahezu vollständig am
Willen der Bevölkerung aus - jedenfalls wie er diesen versteht. Die
von ihm selbst ausgerufene «Koalition mit den Bürgern» ist ihm
wichtiger als die Zusammenarbeit mit seinen eigenen Leuten. Die
beschimpft er notfalls als «Kleinstrategen» oder «Leichtmatrosen».

Erfolge der CSU in Berlin - erst recht gegenüber Bundeskanzlerin
Angela Merkel - schreibt er vor allem sich selbst auf die Fahnen.

Es gibt aber immer wieder auch die Situationen, fast zyklusartig, in
denen Seehofer übers Ziel hinausschießt. Sogar viele in den eigenen
Reihen glauben inzwischen, dass es Seehofer mit seiner Dauerkritik an
der Kanzlerin im Streit um die Flüchtlingspolitik übertrieben hat.

Seehofer lässt derlei Kritik an sich abperlen. Er gilt als
beratungsresistent, als Einzelgänger. Seine Kritiker werfen ihm einen
fast absolutistischen, rücksichtlosen Regierungsstil vor. Irgendetwas
zwischen patriarchalisch und diktatorisch, sagt ein CSU-Mann.
Seehofer stört das nicht: Er verweist auf seine Zustimmungswerte in
der Bevölkerung, die zeigen sollen, wie gut er «draußen» ankommt.

Aber warum will er jetzt noch einmal weitermachen, was treibt ihn?
Gesundheitlich hatte er in den vergangenen Jahren ganz vereinzelt
Schwächen gezeigt - was bei ihm immer besondere Aufmerksamkeit
erregt, weil er einmal an einer Herzmuskelentzündung erkrankt war.

Geht es ihm um die Partei - oder doch nur um sich selbst, seinen
Platz in den CSU-Geschichtsbüchern? Wohl beides. Seehofer hält sich
für unverzichtbar, fürchtet um die absolute Mehrheit in Bayern, wenn
er nicht wieder antritt. Er will nicht als der in die CSU-Annalen
eingehen, der die absolute Mehrheit erst zurückerobert und dann
wieder verspielt hat. Und: Er kann wohl einfach nicht loslassen.