Pilotin oder Meteorologin - Wer wird die erste Deutsche im All?

Deutsche Raumfahrer waren bislang stets männlich. Warum nicht eine
Frau losschicken, fragte sich eine Initiative. Hunderte Frauen
bewarben sich. Jetzt sind noch zwei im Rennen.

Berlin (dpa) - In dunkelblauen Raumfahreranzügen stehen sie vor dem
Brandenburger Tor, Daumen hoch in Richtung Himmel: Eine der beiden
Frauen - Eurofighter-Pilotin Nicola Baumann oder die Meteorologin
Insa Thiele-Eich - soll spätestens im Jahr 2020 die erste Deutsche im
All werden. Gegen mehrere Hundert Bewerberinnen haben sie sich bei
der Privatinitiative «Die Astronautin» durchgesetzt. Die Entscheidung

einer Jury gab Ex-Astronaut Ulrich Walter am Mittwoch in Berlin
bekannt. «Wir Deutsche dürfen stolz auf diese beiden Personen sein»,

sagte er. Sie seien aus fachlicher, medizinischer und psychologischer
Sicht geeignet.

Baumann und Thiele-Eich sollen noch Mitte 2017 die mindestens zwei
Jahre dauernde Ausbildung zur Astronautin beginnen, kündigte die
Initiatorin von «Die Astronautin», Claudia Kessler, an. Vorerst
blieben die beiden Auserwählten aber noch in ihren Jobs. Ziel ist
dann eine Mission auf der Internationalen Raumstation (ISS) für eine
der beiden - vorausgesetzt, das nötige Geld ist vorhanden.

Die Initiative will bis Ende April per Crowdfunding mindestens 50 000
Euro sammeln, um den ersten Trainingsabschnitt zu finanzieren. Bis
Mittwoch waren rund 27 000 Euro zusammengekommen. Für die gesamte
Mission mit angenommenen Kosten von rund 50 Millionen Euro sollen
Sponsoren gefunden werden. Von Skepsis war am Mittwoch wenig zu
spüren: «Ich bin völlig überzeugt, dass wir das schaffen», sagt
e
Kessler. Die Luft- und Raumfahrttechnikerin ist Personalvermittlerin
in der Weltraumbranche. Sie hatte selbst den Traum, Astronautin zu
werden. Jetzt will sie einer anderen Frau den Weg ebnen.

Aus Politik, Wissenschaft und Raumfahrtindustrie bekommt Kessler
breite Unterstützung: In der Jury der Endauswahl saßen etwa der
Geschäftsführer von Airbus Defence and Space und die
Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und
Raumfahrt (DLR), Pascale Ehrenfreund. Außerordentliches Mitglied war
Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD), die sich von dem
Projekt einen Motivationsschub für junge Frauen in den
Naturwissenschaften erhofft, wie sie sagte.

Ehrenfreund vom DLR betonte: «Mehr Frauen in der Raumfahrt, das
wollen wir doch alle.» Nach ihren Worten ist das DLR interessiert an
Daten über weibliche Astronautinnen: Unter anderem Veränderungen des
Sehvermögens, des Hormonhaushalts und der Psyche wollen die Experten
an der Astronautin studieren. Vor, während und nach der Zeit im All.

Auch für die vier ausgeschiedenen Frauen ist noch nicht alle Hoffnung
verloren. Ulrich Walter betonte, sie alle hätten die internationalen
Kriterien erfüllt - es sei durchaus möglich, dass sie in Zukunft über

Nachrückverfahren wieder ins Spiel kommen.

Aus Deutschland waren bislang nur Männer im All - elf an der Zahl.
Der Erste war 1978 der DDR-Bürger Sigmund Jähn. Bei «Die Astronau
tin»
hatten sich zunächst mehr als 400 Frauen beworben, 80 von ihnen
durchliefen medizinisch-psychologische Tests am DLR.