Experte: Gesundheitstourismus an deutschen Kliniken stagniert

Mannheim (dpa) - Der Gesundheitstourismus an deutschen Kliniken wird
nach Einschätzung des Experten Jens Juszczak von der Hochschule
Bonn-Rhein-Sieg vorerst wohl nicht wesentlich wachsen. «Es gibt bei
zwei wichtigen Gruppen rückläufige Zahlen: bei Patienten aus Russland
und aus den arabischen Staaten», sagte der Forscher der Deutschen
Presse-Agentur. Bei Russen führe die wirtschaftliche und politische
Krise zu einem Rückgang von etwa 30 Prozent. «Zudem orientieren sich
viele Russen neuerdings nach Israel, wo sie kein Visum benötigen.»

In den arabischen Staaten wiederum führe unter anderem der niedrige
Ölpreis zu einem Sparkurs. «Es werden zwar weiter etwa onkologische
Eingriffe durchgeführt, aber andere Behandlungen wie Augenlasern
werden aufgeschoben», erklärte Juszczak. Der Rückgang sei jedoch
allgemein und betreffe nicht nur Deutschland. «Ich erwarte für 2016
ein Nullwachstum. Für 2017 deutet sich ein Rückgang an», sagte er.

2015 ließen sich Juszczak zufolge noch mehr als 255 000 Patienten aus
177 Ländern in Deutschland behandeln. Sie brachten dem deutschen
Gesundheitssystem Einnahmen von mehr als 1,2 Milliarden Euro. «Der
Zuwachs gegenüber 2014 betrug jedoch nur 1,4 Prozent - die geringste
Rate seit mehr als zehn Jahren.» Um den Trend zu stoppen, sollten
Kliniken mehr Geld in Werbung stecken und neue Märkte erschließen.

Insgesamt bleibt die Gesundheitswirtschaft nach Einschätzung des
Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) auf einem guten
Weg. 2017 würden voraussichtlich rund 100 000 zusätzliche Stellen bei
Dienstleistern aus der Branche entstehen, sagte Hauptgeschäftsführer
Martin Wansleben der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Montag). «Die
Unternehmen wollen weiterhin kräftig Personal einstellen.»