Senioren im Visier: Urteil wegen Raubmordes an einer 86-Jährigen Von Stephen Wolf, dpa

Mehrere Männer hatten eine 86-Jährige ausrauben wollen, am Ende war
die Frau tot. Jetzt fiel das Gerichtsurteil. Die Täter hatten sich
nach Ansicht der Richter auf Straftaten gegen Ältere spezialisiert.

Landau (dpa) - Sie drangen in das Haus der alten Frau ein. Sie
schlugen und sie traten sie. Und sie ließen sie liegen. Wie der
Einbruch im pfälzischen Landau im Mai 2016 derart eskalierten konnte,
ist bis heute offen geblieben. Zwei Männer sind am Donnerstag wegen
des Raubmords an der 86-Jährigen zu lebenslanger Haft verurteilt
worden. Nach Überzeugung der Richter haben die 25 und 30 Jahre alten
Angeklagten die Frau in ihrem Haus aus Habgier brutal misshandelt,
beraubt und die Sterbende dann sich selbst überlassen. 

Mit dem Urteil und der Feststellung der besonderen Schwere der Schuld
folgte das Landgericht am Donnerstag dem Plädoyer der Anklage.
Staatsanwältin Anne Herrmann hatte von einem Vorgehen «in gefühllos
er
und unbarmherziger Weise» gesprochen. Mehr als 30 Hinweise auf Tritte
und Schläge fanden sich auf dem leblosen Körper des Opfers.
Gebrochene Rippen und massive Kopfverletzungen stellten die
Gerichtsmediziner fest. Ein Verdächtiger wird noch gesucht, ein
anderer wurde festgenommen und sitzt im Gefängnis. Auch die
Lebensgefährtin des 25 Jahre alten Angeklagten soll bei der Tat dabei
gewesen sein.

Beweisen lässt sich das noch nicht. Aber es gibt Spuren und
Hinweise. Womöglich - so mutmaßt der Richter -, waren sogar Kinder

des Paars am Tatort. Sozusagen als Mittel zum Zweck. Denn was hatte
die vorsichtige Frau mitten in der Nacht dazu veranlasst, das
Fenster zu öffnen, wenn nicht ein triftiger Grund? Waren womöglich
weinende Kinder ein solcher Grund? Viele Fragen sind offen
geblieben. 

Auch weil die Angeklagten kaum etwas über den Tathergang erzählt
haben. Die Verteidigung hatte keine besondere Schwere der Schuld
gesehen. Die Situation sei eskaliert, weil nur wenig Beute da war und
die Männer mehr erwartet hätten. Die Anwälte hatten sich nicht zu
einem Strafmaß geäußert und die Entscheidung in die Hände der Richt
er
gelegt.

Der 59 Jahre alte Sohn der Ermordeten sagte am Rande des Prozesses,
es sei schwierig mit Ungewissheit umzugehen. Die rohe Gewalt
gegenüber der Mutter mache fassungslos. 

Während der Urteilsverkündung ging der Vorsitzende Richter Urban
Ruppert auf frühere Taten der Angeklagten ein, die im Gerichtssaal
Fußfesseln tragen. Demnach gehörten sie einer Bande von Einbrechern
und Trickbetrügern an, die es auf ältere und wehrlose Menschen
abgesehen hatte. Auch das Mordopfer hatten sie zunächst
ausspioniert. In der Nacht zum 19. Mai sind die Männer von Mannheim
nach Landau gefahren. Nachdem man über das Hoftor geklettert sei,
habe man am Rollladen geklopft, den das Opfer schließlich hochgezogen
habe. Der 30-Jährige habe die Frau in den Schwitzkasten genommen,
dann seien die Männer eingestiegen.

Der 25 Jahre alte Angeklagte räumte ein, er habe der am Boden
liegenden Frau einen Ring vom Finger gezogen: «Die alte Dame hat das
nicht gewollt, sie hat sich gewehrt, da habe ich zweimal getreten»,
sagt er zu Prozessbeginn. Töten habe er sie nicht wollen. Am
vorletzten Prozesstag - Plädoyers waren gehalten - entschuldigte er
sich. 

«Das nehme ich ihm nicht ab. Ich glaube, er hat es gesagt, weil er
auf einen Vorteil hoffte», sagte der Sohn der Toten. Loslassen werde
ihn der schreckliche Tod der Mutter aber nicht mehr. Da helfe auch
die Bestrafung der Täter nicht.

Die wachsende Zahl der Einbrüche hatte in den vergangenen Monaten die
öffentliche Debatte in Deutschland stark beschäftigt. Versuchte und
vollendete Wohnungseinbrüche hatten zuletzt kontinuierlich zugenommen
- von 108 284 registrierten Fällen im Jahr 2008 auf 167 136 im Jahr
2015. Das entsprach einem Plus von rund 50 Prozent innerhalb von
sieben Jahren. Die offizielle bundesweite Kriminalstatistik für das
Jahr 2016 wird voraussichtlich im Frühjahr vorgestellt.