Schikanen gegen Frauen in der DDR

Berlin (dpa) - Gesetzlich waren Frauen in der DDR gleichberechtigt.
Trotzdem dominierten Männer viele Hierarchien in dem ostdeutschen
Staat (1949-1990). Frauen, die nicht ins Bild einer «sozialistischen
Persönlichkeit» passten, und Oppositionelle waren wiederholt
Demütigungen und Misshandlungen in DDR-Kliniken ausgesetzt - aber
nicht nur dort:

FRAUENGEFÄNGNIS: Berüchtigt war die Burg Hoheneck im erzgebirgischen
Stollberg, in der Frauen unter menschenunwürdigen Bedingungen
inhaftiert wurden. In dem überbelegten Zuchthaus, das für 600
Gefangene konzipiert war, saßen Mitte der 1970er Jahre 1600 Frauen
ein. Von insgesamt rund 24 000 Häftlingen war rund ein Drittel
politisch verfolgt. Regimegegnerinnen und Republikflüchtlinge wurden
in eine Zelle mit Schwerverbrecherinnen gesteckt, um sie zu
terrorisieren. Es kam zu Übergriffen von Wärterinnen und
Mitgefangenen. Zudem mussten Insassinnen Zwangsarbeit machen.

KINDSENTZUG: Wegen politischer Delikte - etwa versuchter
Republikflucht und sogenannter Staatsverleumdung - nahm der Staat
Eltern ihre Kinder weg. Offizielle Stellen ordneten für die Mädchen
und Jungen Adoption an, steckten sie in Pflegefamilien und Heime.
Wenn junge, alleinerziehende Mütter als «asozial» eingestuft wurden,

konnten sie ihr Recht zur Erziehung verlieren. Die DDR-Führung
verstand Kindererziehung auch als Dienst an der sozialistischen
Gesellschaft.

PROSTITUTION: Prostituierte, aber auch Frauen mit angeblich häufig
wechselnden Geschlechtspartnern, für die das Wort «HwG-Personen»
geprägt wurde, mussten mit moralischer Ablehnung kämpfen. Sie passten
nicht ins sozialistische Gesellschaftsbild. Für die Führung der
Staatspartei SED waren sie Prototypen weiblicher «Asozialer». 1968
wurde Prostitution unter Strafe gestellt. Gleichzeitig nutzte die
DDR-Geheimpolizei Stasi die Frauen als Inoffizielle Mitarbeiterinnen,
um etwa Informationen über Westdeutsche und Fluchtwillige zu
erhalten. In Klinik-Stationen für Geschlechtskranke ging die Stasi
teils ein und aus.

FAMILIÄRE GEWALT: Der Sozialismus sieht sich als friedliebendes
Staatsgebilde. Gewalt wurde aus dem öffentlichen Raum zurückgedrängt.

Wissenschaftler der Uni Bielefeld schreiben, das Problem habe sich
allerdings in den häuslichen Raum verlagert. Gewalt gegen Frauen sei
in der DDR ein Tabuthema gewesen. Es habe «keine konstruktive
Auseinandersetzung» mit Aggressionen in der Familie gegeben - weder
individuell noch gesellschaftlich. Zwar habe sich der Staat in das
Leben seiner Bürgerinnen eingemischt und ihren Alltag kontrolliert.
Doch hätten Polizei und Justiz regelmäßig nicht eingegriffen, wenn es

um Gewalt in Beziehungen gegangen sei.