Säureopfer Vanessa gründet Verein für Entstellte

Gesicht voller Narben, Auge und Ohr kaputt - seit einem Säureangriff
ist Vanessa Münstermann nicht mehr wie früher. Doch sie zieht sich
nicht zurück, sondern möchte Menschen in einer ähnlichen Lage helfen

- auch als Selbsttherapie.

Hannover (dpa) - Vor einem Jahr kippte der Ex-Freund Vanessa
Münstermann Säure ins Gesicht und entstellte sie für immer. Am
Jahrestag des Anschlags hat die 28-Jährige aus Hannover den Verein
«AusGezeichnet» gegründet. Er richtet sich an Menschen, die von
Narben gezeichnet sind, die anders aussehen - sei es durch eine
Säureattacke, ein Feuer, einen Unfall oder von Geburt an. «Andere
kaufen teure Markenklamotten, um herauszustechen, ich bin so
besonders», sagte sie am Mittwoch. Seit dem Anschlag sind ihr linkes

Auge und ihr linkes Ohr zerstört, Gesicht, Hals und Dekolleté von
Narben übersät.

Ihr Ex-Freund war für die Säureattacke Ende August zu zwölf Jahre
n
Haft wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt worden. Das
Landgericht Hannover wertete den Angriff frühmorgens im Park als
Racheakt. Vanessa Münstermann hatte den heute 33-Jährigen einen
Tag zuvor bei der Polizei wegen Stalkings und Gewalt angezeigt.

Von den Begegnungen bei «AusGezeichnet» verspricht sich die Gründer
in
auch persönlich Hilfe. Es soll ein Selbsthilfeverein sein, in dem
sich versehrte Menschen und ihre Angehörigen unter anderen über
medizinische Fragen und den Umgang mit Behörden austauschen.  

Vanessa Münstermann lebt derzeit von Krankengeld und sieht für sich
aktuell keine Chance, ins Arbeitsleben integriert zu werden. «Mein
Auge kann jederzeit platzen.» Vor dem Säureangriff hatte die gelernte
Kosmetikerin in der Tankstelle ihrer Eltern gearbeitet. 

Mit dem Verein möchte sie ihrem Schicksal zudem einen Sinn geben. Vor
der Entlassung des Täters aus dem Gefängnis - womöglich schon
vorzeitig nach sieben Jahren - habe sie die größte Angst, betonte d
ie
junge Frau. Schon im Gerichtsprozess habe sie gesagt, dass dann einer
von beiden sterben werde. «Und wenn ich es bin, dann soll es nach
sieben Jahren ein schönes Leben gewesen sein, ein sinnvolles Leben»,
sagte sie.