Mit HIV angesteckt - Frau fordert 160 000 Euro Schmerzensgeld

Eine Frau steckt sich mit dem HI-Virus an und verlangt von ihrem
früheren Partner vor Gericht ein Schmerzensgeld. Der Mann weigert
sich, zu zahlen - und löst mit seiner Begründung Fassungslosigkeit
aus.

München (dpa) - Eine Frau fordert vor dem Oberlandesgericht München
160 000 Euro Schmerzensgeld von einem Mann, der sie mit HIV
angesteckt haben soll. Die heute 60-Jährige hatte ihn 2012
kennengelernt und nach eigenen Angaben vor dem ersten Sex einen
HIV-Test verlangt, weil seine frühere Lebensgefährtin an einer
Immunschwäche gestorben war. Er habe allerdings entgegen der
Absprache nur einen allgemeinen Gesundheitscheck und keinen HIV-Test
gemacht und gesagt, bei ihm sei alles in Ordnung.

Vor Gericht ging es am Mittwoch etwa um den Zeitpunkt der Ansteckung.
Dazu wurde ein sachverständiger Arzt gehört. Der Zeitpunkt ist aus
Sicht des Gerichts wichtig, weil es die Möglichkeit gibt, dass die
Klägerin schon Zweifel an dem fälschlich behaupteten Test gehabt
haben könnte. In dem Fall könne eine «eigenverantwortliche
Selbstgefährdung» der Frau nicht ausgeschlossen werden. Dies könnte
Auswirkungen auf die Höhe des Schmerzensgeldes haben. Die Klägerin
wischte sich bei den Ausführungen des Arztes immer wieder Tränen aus
den Augen.

Doch für die Frau kam noch schlimmer: Selbst die Anwältin des
Beklagten entschuldigte sich bei den Prozessbeteiligten dafür, dass
sie im Auftrag ihres abwesenden Mandanten die Expertise einer Ärztin
vorlas, in der es hieß, das HI-Virus gebe es überhaupt nicht und die
Immunschwächekrankheit Aids habe damit rein gar nichts zu tun. Der
Anwalt der Beklagten bezeichnete die Ausführungen der Ärztin als
«weiteren Schlag ins Gesicht» seiner Mandantin.

Das Landgericht München hatte in vorheriger Instanz ein
Schmerzensgeld von 110 000 Euro bewilligt, wogegen der Beklagte
Rechtsmittel einlegte. Die Klägerin wiederum legte Anschlussberufung
ein und erhebt nun wieder ihre Ursprungsforderung von 160 000 Euro.
Ein Urteil will das Gericht am 8. Februar verkünden.

Es ist nicht das erste Mal, dass eine HIV-Infektion die Justiz
beschäftigt. Nach Angaben der Deutschen Aids-Hilfe gab es seit 1987
50 Strafrechtsprozesse, von denen zwei noch nicht abgeschlossen sind.
Zivilprozesse kämen seltener vor. Die Aids-Hilfe weiß nach Angaben
ihres Sprechers Holger Wicht von dreien.

Die Deutsche Aids-Hilfe lehnt die Strafbarkeit der HIV-Übertragung
ab. Sie bürde, so die Begründung, Menschen mit HIV einseitig die
Verantwortung auf. Jeder Mensch könne und müsse selbst für Schutz
sorgen.