Kabinett beschließt Gesetzentwurf für mehr Lohngerechtigkeit

Es waren lange und zähe Verhandlungen. Jetzt kann das umstrittene
Gesetz für mehr Lohngerechtigkeit in die parlamentarische Beratung.
Das letzte Wort darüber ist aber wohl noch nicht gesprochen.

Berlin (dpa) - Nach langem Streit in der großen Koalition hat das
Kabinett den Gesetzentwurf für mehr Lohngerechtigkeit zwischen
Männern und Frauen beschlossen. Kern ist die Einführung eines
Auskunftsanspruches: Arbeitnehmer in Betrieben mit mehr als 200
Beschäftigten sollen das Recht erhalten, Angaben über die Bezahlung
einer Vergleichsgruppe zu erhalten. Damit sollen vor allem Frauen
Benachteiligungen erkennen und dagegen vorgehen können.

Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) begrüßte die Verabschiedung
am Mittwoch als «Durchbruch». Die bestehende Lohnlücke von 21 Prozent

sei ungerecht, sagte sie. «Deshalb brauchen wir dieses Gesetz». Damit

werde auch die Unternehmenskultur verändert. Die neue Regelung
betreffe 14 Millionen Männer und Frauen. In Unternehmen mit
Betriebsrat soll dieser das Recht auf Auskunft umsetzen.

Rund 4000 Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten sollen zudem
regelmäßig über den Stand der Gleichstellung und der
Entgeltgleichheit berichten. 6300 Betriebe werden aufgefordert,
entsprechende Prüfverfahren einzuführen. Zwei Jahre war an dem
Entwurf gearbeitet worden, seit einem Jahr hatte die Koalition
darüber zäh verhandelt.

Schwesig nannt als wichtigste Ursache der Lohnungleichheit die
«Teilzeitfalle», in die viele Mütter gerieten. Das Gesetz sei Teil
einer Gesamtstrategie, zu der auch ein Rückkehrrecht von Teilzeit in
Vollzeitbeschäftigung gehöre. Aber auch ohne den Faktor Teilzeit und
die Tatsache, dass etwa in schlecht bezahlten Pflegeberufen besonders
viele Frauen arbeiten, beträgt die Lohnlücke nach Angaben des
Ministeriums immer noch sieben Prozent.

Deutschlands Arbeitgeber halten das geplante Gesetz für unnötig und
belastend. «Trotz wichtiger Korrekturen bleibt das Gesetz mit neuem
Auskunftsanspruch, Regelungen über Prüfverfahren, Berichtspflichten,
neuen Verfahren für den Betriebsrat und die Tarifvertragsparteien
bürokratisch und erreicht nicht das Ziel, bessere Karrierechancen für
Frauen zu schaffen», sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer.

Die SPD-Ministerin forderte eine zügige Beratung, damit das Gesetz
möglichst bald in Kraft treten kann. Die Union, die sich lange gegen
das Gesetz gesperrt hatte, begrüßte Änderungen am ursprünglichen
Entwurf, kündigte aber eine weitere Überprüfung der
Praxistauglichkeit im parlamentarischen Verfahren an. Der Deutsche
Gewerkschaftsbund DGB unterstützt den Entwurf grundsätzlich, forderte
aber, für Betriebe mit mehr als 500 Beschäftigten betriebliche
Prüfverfahren verbindlich vorzuschreiben.