Beweise oder Fake-Fakten? US-Forscher fürchten Trump Von Andrea Barthélémy, dpa

Beeinflussen Halbwahrheiten oder Lügen, über rechtsgerichtete Medien
wie «Breitbart» verbreitet, künftig auch die Wissenschaft? Viele
US-Forscher machen sich Sorgen - und bereiten sich vor.

Washington (dpa) - In den USA zieht mancher Wissenschaftler in diesen
Tagen vorsichtshalber Sicherungskopien seiner Forschungsdaten. Aus
Angst, dass diese bald von öffentlichen Servern verschwinden könnten.
Der designierte Präsident Donald Trump nannte den von Menschen
gemachten Klimawandel eine Erfindung der Chinesen. Für faktenbasierte
Forschung hat er bisher nicht nur wenig Begeisterung gezeigt, sondern
in manchen Fällen offene Abneigung.

Trumps erste Personalentscheidungen in Sachen Wissenschaft lassen
Forscher um ihr unabhängiges Arbeiten fürchten, teils auch um ihren
Job. In den großen Wissenschafts- und Umweltbehörden werden
Spitzenposten neu besetzt.

Ein Überblick über Sparten und Problemfelder unter Trump.

NASA: Welche der großen Nasa-Missionen weiter vorangetrieben werden,
ist offen. Möglicherweise wird die bemannte Raumfahrt sich erstmal
wieder Richtung Mond bewegen statt Richtung Mars - was Obama als Ziel
ab 2030 ausgegeben hatte. Die kommerzielle Raumfahrt wird wohl in
jedem Fall wichtiger werden. Das fast fertige Weltraumteleskop «James
Webb», leistungsstarker Hubble-Nachfolger, dürfte auch wegen seiner
schon Jahrzehnte laufenden Entwicklung wie geplant starten. Fraglich
ist, ob die ab 2020 geplante, bemannte Asteroiden-Mission ARM
(Asteroid Redirect Mission) und vor allem die auf die Erde
fokussierten Projekte weiter laufen.

WETTERSATELLITEN: Ein Teil der US-Wettersatelliten-Flotte stammt von
der Nasa. Zusammen mit denen der Umwelt- und Klimabehörde NOAA
sammeln sie Daten, die weltweit vor allem für die Klimaforschung
genutzt werden, aber auch für Schifffahrt, Landwirtschaft,
Wettervorhersagen und Katastrophenwarnungen. Mit Blick auf die
Nasa-Satelliten hat Trumps Team angekündigt, Gelder «für politisch
korrektes Umweltmonitoring» kürzen zu wollen. «Politisch korrekt» i
st
hier negativ besetzt.

KLIMAFORSCHUNG: Klimawandel-Skeptiker sind klar im Aufwind, auch wenn
Trump den Klima-Aktivisten und Demokraten Al Gore zu einem Gespräch
empfing. Die Klima- und Umweltbehörde NOAA soll vermutlich jene
Aufgaben mitübernehmen, die die Nasa in den letzten acht Jahren in
der Klimaforschung innehatte. Dass deren Budget dafür (1,9 Milliarden
US-Dollar 2017) jedoch komplett der NOAA zugeschlagen wird, ist
unwahrscheinlich. Auch das Energieministerium, das bisher mehrere
Milliarden pro Jahr in Forschung steckte, dürfte unter Minister Rick
Perry Klima- und Umweltstudien herauskürzen.

EPA: Die bisher strenge US-Umweltschutzbehörde EPA, die unter anderem
Vorgaben für Treibhausgas-Emissionen macht, brachte den
VW-Abgasskandal ins Rollen. An ihrer Spitze steht mit dem Juristen
Scott Pruitt künftig ein Nicht-Wissenschaftler, der die Behörde in
seiner Zeit als Generalstaatsanwalt von Oklahoma abschaffen wollte
und unablässig gegen sie vor Gericht zog. Pruitt glaubt nicht an den
Klimawandel und hat enge Bande zur Gas- und Ölbranche. Massive
Budgetkürzungen werden erwartet.

EMBRYONENFORSCHUNG: Auch die Forschung an Embryonen und embryonalem
Gewebe dürfte unter einem republikanisch dominierten Kongress
schwieriger werden. Viele evangelikale Christen in beiden
Kongresskammern wollen sie einschränken. Ähnlich sieht es für die
Stammzellforschung aus, für die teilweise fetales Gewebe genutzt
wird.

ZIKA: Kritische Stimmen gibt es auch bei der Erforschung globaler
Bedrohungen durch Mikroorganismen - wie etwa Zika. Obwohl Experten
davon ausgehen, dass der Erreger unter anderem Hirn- und
Schädelfehlbildungen bei Ungeborenen auslösen kann, äußerte Mick
Mulvaney, ein von Trump bestellter Budget-Verantwortlicher im Weißen
Haus, Zweifel: «Die Frage ist, brauchen wir dafür überhaupt von der
Regierung bezuschusste Forschung?»

MEDIEN: Für eine wissenschaftsfeindlichere Grundstimmung dürften auch
manche Medien sorgen, etwa das rechtsgerichtete Portal «Breitbart
News» von Trumps oberstem Strategieberater Stephen Bannon. Die
News-Seite hatte angesichts sinkender globaler Temperaturen im
November erst jüngst gemeldet: «Eisiges Schweigen der
Klima-Alarmisten». Tatsächlich wird für den Abbruch der Dutzende
Monate langen Rekordwärme-Serie von Klimaexperten vor allem das
einsetzende Wetterphänomen La Niña verantwortlich gemacht.