Krankenkassen: Neue Regierung muss Strukturreformen angehen

Die Krankenkassen müssen bezahlen, dürfen aber bei der
Krankenhausplanung nicht mitreden. Die Länder haben den Daumen drauf.
Das sorgt für Ärger.

Berlin (dpa) - Die gesetzlichen Krankenkassen erwarten von einer
neuen Regierung Strukturreformen bei Ärzten und Krankenhäusern sowie
mehr Mitsprache bei der Vertragsgestaltung. Die Vorstandsvorsitzende
des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), Doris
Pfeiffer, sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Das Problem der
Verteilung der Kapazitäten sowohl in der ambulanten als auch in der
stationären Versorgung halte ich für ein ganz wesentliches, was
angegangen werden muss.» Insbesondere in den Ballungsräumen müssten
endlich Überkapazitäten abgebaut werden.

Der AOK-Bundesverband verlangt künftig mehr Mitsprache der Kassen bei
der Versorgung in Krankenhäusern. «Ich möchte nicht mehr Rechnungen
bezahlen müssen für Eingriffe in Einrichtungen, die keine Qualität
liefern», sagte der Vorstandsvorsitzende des Verbands, Martin Litsch,
der dpa. Jeder, der einen Versorgungsvertrag habe, dürfe abrechnen,
aber die Qualität werde nicht hinterfragt, sagte er. Das müsse bei
der Vertragsgestaltung zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern
anders geregelt werden.

Im ambulanten Bereich will der Gesetzgeber mit dem Mitte 2015 in
Kraft getretenen GKV-Versorgungsstärkungsgesetz unter anderem die
Überversorgung durch niedergelassene Ärzte in Ballungsräumen
entzerren. Außerdem soll durch mehr finanzielle Anreize
Unterversorgung in ländlichen Regionen behoben werden.

Nach Ansicht des Präsidenten der Bundesärztekammer (BÄK), Frank
Ulrich Montgomery, reichen die bisherigen Anreize noch nicht, damit
sich junge Ärzte auf dem Land niederlassen. Ärztemangel gebe es im
Übrigen nicht nur auf dem Land, sondern auch in sozial
benachteiligten Stadtvierteln, sagte Montgomery der dpa.

«Es geht nicht nur um Geld. Es geht um ein Gesamtkonzept. Sollten auf
dem Land günstige Praxisräume über die Kommune angeboten, und
zusätzlich auch noch eine Gemeindeschwester beschäftigt werden,
stiegen die Chancen deutlich an, dass sich Ärzte ansiedelten.» Dies
alles seien Infrastrukturmaßnahmen und damit eine gesellschaftliche
Aufgabe, für die die Kommunen beziehungsweise die Länder über
Steuergelder aufkommen müssten, sagte Montgomery.

Auch die Anfang 2015 in Kraft getretene Krankenhausstrukturreform von
Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) greife noch nicht, sagte
Pfeiffer. Sie wies darauf hin, dass es in manchen Regionen schwierig
sei, Krankenhäuser mit einer normalen Belegung wirtschaftlich zu
betreiben. Deshalb habe man in der Selbstverwaltung gemeinsam mit
Klinik- und Ärztevertretern bundesweit verbindliche Regeln für
sogenannte Sicherstellungszuschläge beschlossen.

Allgemein müssten die Krankenkassen «wieder mehr Instrumente für die

Gestaltung unserer Arbeit» bekommen, sagte Litsch an die Adresse
einer neuen Koalition nach der Bundestagswahl im Herbst. Auch sollten
die Krankenkassen mehr Einfluss auf die Krankenhausplanung bekommen.
Denn die Länder, die für die Planung zuständig seien, kämen ihrer
damit verbundenen Pflicht für Investitionen nicht nach. Notwendige
Investitionen würden mit Betriebsmitteln quersubventioniert, für die
die Kassen aufkommen müssen.