Manipulationen bei Organtransplantation in Jena, Hamburg und Leipzig

Die Transplantationsmedizin in Deutschland kommt nicht zur Ruhe.
Wieder sollen Ärzte Daten von Patienten manipuliert haben. In den
meisten Fällen soll aber alles mit rechten Dingen zugegangen sein.

Berlin (dpa) - Kontrolleure haben an drei Universitätskliniken
Manipulationen bei der Transplantation begehrter Spenderorgane
festgestellt. Systematische Richtlinienverstöße und Manipulationen
seien bei Lungentransplantationen an der Universitätsklinik Jena
aufgefallen, teilten die Prüfungs- und Überwachungskommissionen von
Ärzten, Kliniken und Krankenkassen am Dienstag in Berlin mit. Geprüft
worden seien die Jahre 2013 bis 2015.

Zudem seien bei den Lungentransplantationsprogrammen der Unikliniken
Hamburg-Eppendorf und Leipzig systematische Manipulationen und
Auffälligkeiten festgestellt worden. Diese Prüfungen bezogen sich auf
den Zeitraum 2010 bis 2012. Die überwiegende Zahl der Prüfungen habe
dagegen keine Auffälligkeiten ans Licht gebracht.

In Jena wurden laut Kommissionsbericht 21 Lungentransplantationen
geprüft. Bei elf Patienten seien falsche Angaben bei einschlägigen
Anträgen für die Organ-Vermittlungsstelle Eurotransplant gemacht
worden. So seien Patienten kränker dargestellt worden, als sie es
waren. Bestimmte Gehtests bei Patienten seien ohne die vom Patienten
benötigte und sonst auch gegebene Sauerstoff-Zufuhr gemacht worden.
«Die Kommissionen gehen weiterhin davon aus, dass diese Verstöße auch

bewusst und gewollt geschehen sind.» Die Klinik habe das kritisierte
Vorgehen 2014 eingestellt.

Der medizinische Vorstand der Klinik, Jens Maschmann, erklärte am
Dienstag, finanzielle Anreize könnten ausgeschlossen werden. Es müsse
davon ausgegangen werden, «dass ein Grund auch darin lag, den
betreuten, sehr schwer erkrankten Patienten helfen zu wollen, ohne
dass damit der festgestellte Sachverhalt gerechtfertigt werden kann».

In Hamburg-Eppendorf seien bei 27 Lungentransplantationen 14 Verstöße
festgestellt worden. Der Fall hatte bereits im November für
Schlagzeilen gesorgt. Bekannt geworden waren Unregelmäßigkeiten bei
Patientenakten, in einigen Fällen sollen Akten nicht mehr auffindbar
gewesen sein. Die Staatsanwaltschaft wollte weitere Unterlagen
einsehen. Die Klinik hatte Übertragungsfehler bei der Weitergabe von
Patientendaten eingeräumt. Die Organvergabe sei dadurch aber nicht
beeinflusst worden.

In Leipzig stießen die Kontrolleure bei 67 Transplantationen auf 29
Verstöße, wie die Kontrolleure mitteilten. «Die Kommissionen mussten

feststellen, dass es in erheblichem Umfang (...) zu Falschangaben
insbesondere im Hinblick auf die Beatmungssituation, die
Blutgaswerte, die Diagnosestellung und mitunter auch zu Veränderungen
von Originaldokumenten gekommen ist.» Es habe sich nicht um
punktuelle Versehen, sondern um ein systematisches Fehlverhalten
gehandelt.

Vor vier Jahren hatte ein Organvergabeskandal das Vertrauen in die
Transplantationsmedizin in Deutschland erschüttert. Ein Oberarzt
stand im Verdacht, zuerst in Regensburg und später in Göttingen
Krankenakten gefälscht zu haben. Dabei soll er die Krankheit auf dem
Papier verschlimmert haben, damit den Patienten schneller eine neue
Leber implantiert wurde - obwohl andere sie vielleicht nötiger gehabt
hätten.

Die Politik und die Selbstverwaltung im Gesundheitswesen reagierten
mit schärferen Regeln und Kontrollen. Der Arzt wurde im Mai 2015
freigesprochen, obwohl das Gericht sein Verhalten als verwerflich
einstufte. Die Staatsanwaltschaft ging in Revision, darüber ist noch
nicht entschieden.

Nach Angaben der Kommissionen wurden nun 14 Transplantationsprogramme
vor Ort und 17 weitere schriftlich geprüft. Der ganz überwiegende
Teil habe korrekt gearbeitet. So habe es bei Nierentransplantationen
keine Verstöße gegeben. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der
Bundesärztekammer, wertete die strengeren Regeln als erfolgreich:
Manipulationen bei der Organvergabe seien heute kaum noch möglich.