Der Killer, den kaum einer kennt: Wurmkrankheit Bilharziose in Afrika Von Jürgen Bätz, dpa
Bilharziose ist ein wenig bekannter Killer. Doch die tückische
Wurmerkrankung tötet vor allem in Afrika Zehntausende. Die WHO und
ein deutsches Pharmaunternehmen wollen Abhilfe schaffen.
Abidjan (dpa) - Im Wasser planschen kann für Kinder in vielen Teilen
Afrikas schlimmstenfalls tödlich enden: in stehenden Gewässern lauert
oft die tückische Wurmerkrankung Bilharziose. Über den Kontakt mit
verunreinigtem Wasser infizieren winzige Würmer in Afrika jedes Jahr
mehr als 200 Millionen Menschen, vor allem Kinder. An der Krankheit
sterben jährlich Zehntausende Menschen. «Bilharziose ist
wahrscheinlich der größte Killer, von dem Sie noch nie gehört haben
»,
erklärt das globale Bündnis zur Bekämpfung der Krankheit (GSA).
In einer Schule bei Abidjan, der Hauptstadt der Elfenbeinküste,
bekamen am Mittwoch deshalb rund 2000 Kinder im Alter von sechs bis
vierzehn Jahren präventiv das Bilharziose-Medikament Praziquantel.
Mit solchen Aktionen zu flächendeckender präventiver Behandlung und
parallelen Aufklärungskampagnen will die Weltgesundheitsorganisation
(WHO) Bilharziose zurückdrängen. «Die Krankheit betrifft vor allem
arme Menschen in den Tropen, die nur unzureichend Zugang zu sauberem
Wasser haben», erklärt WHO-Experte Amadou Garba.
Im frühen Stadium führt Bilharziose oft zu Bauchweh, Durchfall und
Blut in Stuhl oder Urin. Ohne Behandlung entwickelt sie sich zu einer
chronischen Krankheit, die zu schweren Organschäden führen kann, etwa
zu Nierenversagen. «Weil es keine akut dramatische Krankheit ist,
glauben die Menschen, es wäre nicht so gefährlich», sagt Garba.
«Bilharziose ist ein schleichender Killer.» Die WHO zählt Bilharziose
zu den vernachlässigten Tropenkrankheiten.
Die parasitäre Krankheit wird beim Kontakt mit verunreinigtem Wasser
oder stehenden Gewässern übertragen - etwa beim Baden, Fischen oder
Wäschewaschen. Die Larven der Saugwürmer bohren sich in die
menschliche Haut, dringen in Blutgefäße ein und befallen dann nach
und nach auch Organe. Laut WHO wurden 2014 weltweit rund 62 Millionen
Menschen wegen Bilharziose behandelt - aber rund 150 Millionen
Infizierte gingen leer aus.
Das deutsche Pharmaunternehmen Merck hat sich den Kampf gegen die
Krankheit auf die Fahne geschrieben. Seit 2008 hat das Darmstädter
Unternehmen dafür 500 Millionen Tabletten Praziquantel an die WHO
gespendet. Künftig sollen es sogar 250 Millionen pro Jahr sein. Dafür
setzt die Firma nach eigenen Angaben jährlich über 20 Millionen Euro
ein. «Unser Ziel ist es, Bilharziose in Afrika auszurotten», sagte
die Leiterin der Gesundheitssparte von Merck, Belén Garijo. Bis 2030
soll es soweit sein. «Wir werden alles tun, was nötig ist, um dieses
Ziel zu erreichen», sagte sie anlässlich der Verteilung von
Praziquantel bei Abidjan.
Der WHO zufolge sterben jährlich zwischen 20 000 und 200 000 Menschen
durch Bilharziose. Die Schätzung der Opferzahl ist so unpräzise, weil
die Menschen zumeist an unspezifischen Folgen der Krankheit sterben,
wie Organversagen, dann aber nicht auf Bilharziose getestet werden.
Eine Impfung gegen die Krankheit gibt es nicht. Bilharziose kann aber
mit Praziquantel gut behandelt werden. Für Kinder im Alter von bis zu
sechs Jahren gibt es allerdings kein geeignetes Medikament. Merck
arbeitet derzeit an der Entwicklung eines solchen Präparats, das 2019
auf den Markt kommen soll. «Das wird dem Kampf gegen Bilharziose
einen Pusch geben und dazu beitragen, das Ziel der Ausrottung der
Krankheit zu erreichen», sagte Garijo.
Experten betrachten das Ziel als sehr optimistisch, zumal das nicht
allein mit Tabletten erreicht werden kann. «Dafür muss ein Land mit
Medikamenten Chemoprophylaxe betreiben, den Zugang zu sauberem Wasser
sicherstellen und Gesundheitsaufklärung betreiben», sagt Garba. Und
das ist leichter gesagt als getan. In besonders betroffenen Ländern
wie zum Beispiel Tansania, Madagaskar und Kongo hat derzeit UN-Daten
zufolge nur rund die Hälfte der Menschen Zugang zu sauberem
Trinkwasser. «Wir brauchen im Kampf gegen Bilharziose noch größere
Anstrengungen», fordert Garba.