Ayurveda-Verkaufstour - Indischer Minister in Deutschland Von Stefan Mauer und Doreen Fiedler, dpa

Ayurveda ist in Indien weit mehr als esoterischer Hokuspokus. Sogar
einen eigenen Minister für alternative Heilmethoden hat das Land. Der
kam nun nach Deutschland - mit einer politischen Agenda im Gepäck.

Koblenz/Neu Delhi (dpa) - Sichtlich zufrieden zeigt sich Shripad
Yesso Naik mit dem, was er bei seinem Besuch in der Rhein-Mosel-Halle
in Koblenz zu sehen bekam. «Diese Menschen werden helfen, Ayurveda in
Deutschland weiter zu verbreiten», sagt der indische Minister für
alternative Heilmethoden. Er war eigens angereist, um den
Welt-Ayurveda-Kongress zu besuchen, der am vergangenen Wochenende in
Koblenz stattfand. Im Gepäck ein klares Ziel: «Ich bin hier, um die
am weitesten verbreitete Heilmethode Indiens auch in Deutschland
populärer zu machen.»

Die traditionelle indische Heilkunst Ayurveda ist Schätzungen zufolge
mehr als 5000 Jahre alt und findet ihren Weg zunehmend auch nach
Deutschland. «Die Menschen stehen Ayurveda viel offener gegenüber als
noch vor ein paar Jahren», sagt Harsha Gramminger, die in Bell in der
Eifel praktiziert und dort Ayurveda-Ärzte und Therapeuten ausbildet.
Mit der alten Heilkunst wollten die Menschen, die immer mehr unter
Stress stünden, Kraft finden. Gramminger ist auch Präsidentin des
Europäischen Ayurvedaverbandes EUAA, dem Ausrichter des Kongresses.

Während die Methode in Deutschland eher in den Bereich Wellness oder
Esoterik eingeordnet wird, hat sie nach Darstellung des indischen
Ministers Naik auch medizinischen Nutzen. «Für mehr als die Hälfte
der indischen Bevölkerung ist die Methode die wichtigste Art der
medizinischen Versorgung», sagte der Minister. «Wir wollen, dass dies
auch in Ländern wie Deutschland akzeptierter wird. Dafür arbeite ich
auch politisch.»

Die Ayurveda-Nutzer in Deutschland lassen sich grob in zwei
Richtungen einteilen: Einerseits eher an Wellness interessierte
Menschen, die ab und an eine Öl-Massage wollen, und andererseits
jene, die chronische Krankheiten damit behandeln lassen. Insbesondere
für die zweite Gruppe gebe es mehr als 100 ausgebildete
Ayurveda-Ärzte in Deutschland, schätzt Martin Mittwede, der an der
Universität Frankfurt den seinen Angaben zufolge einzigen
Ayurveda-Master-Studiengang in der Bundesrepublik leitet. Zum
Vergleich: In Indien gibt es nach Angaben von Naiks Ministerium mehr
als 400 000 registrierte Ayurveda-Ärzte und mehr als 200 Institute,
die Ayurveda-Studiengänge anbieten.

Dass die Heilmethode in Indien so populär ist, hat auch finanzielle
Gründe. Für eine Behandlung braucht es selten mehr als ein paar
Kräuter. Insbesondere die größtenteils arme Landbevölkerung kann si
ch
schlicht nichts anderes leisten. Mittwede betont, dass
Ayurveda-Behandlungen durchaus einen Sinn hätten: «Ayurveda ist ein
traditionelles, komplexes Medizinsystem, das von der
Weltgesundheitsorganisation anerkannt ist.» Er weist allerdings
darauf hin, dass nicht alle in Indien erlaubten Medikamente auch in
der EU zugelassen sind.

Das will Minister Naik gerne ändern. «Wir werden auch auf die
Regierung in Deutschland zugehen», sagt der Minister. «Mehr
Ayurveda-Produkte, zum Beispiel Nahrungsergänzungsmittel, sollten als
Medizin zugelassen sein.» Entsprechende Anfragen an die deutschen
Ministerien wolle er schon sehr bald verschicken. Er sei jedoch
überzeugt, dass auch unabhängig von den politischen Rahmenbedingungen
die Fangemeinde schnell weiter wachsen werde: «Die Akzeptanz für
Ayurveda in Deutschland und Europa wird immer breiter.»