30 Jahre nach Sandoz-Katastrophe: Wieder viele Lachse im Rhein Von Jens Albes, dpa

Ein großer Fluss färbt sich 1986 blutrot. In einer Giftwelle treiben
Tausende Fische. Wie sauber ist der Rhein heute? Lachse, Maifische
und Meerneunaugen sind zurückgekehrt. Sorgen bereitet die
Antibabypille.

Koblenz (dpa) - 30 Jahre nach dem Großbrand im Schweizer
Chemieunternehmen Sandoz bei Basel tummeln sich wieder viele Lachse
im Rhein. 2015 seien rund 800 dieser sensiblen Wanderfische gezählt
worden, teilte die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins
(IKSR) am Donnerstag in Koblenz mit. Der Bau vieler weiterer
Kläranlagen und andere millionenschwere Investitionen hätten gezeigt,
«dass es möglich ist, aus der Kloake Rhein wieder einen weitgehend
sauberen Strom zu machen». Weltweit gelte dies in der Fachwelt als
ein positives Beispiel der Umweltpolitik.

Dennoch bleibt laut der IKSR viel zu tun. Beispielsweise gebe es
neben der Verschmutzung mit Mikroplastik noch viele
Mikroverunreinigungen wie Medikamente, Hormone der Antibabypille,
Insektizide, Duftstoffe aus Reinigungsmitteln und
Röntgenkontrastmittel. Auch der Hochwasserschutz etwa mit dem Bau von
mehr Rückhalteräumen müsse gerade mit Blick auf den Klimawandel
weiter vorangetrieben werden. Am 1. November 1986 war bei Basel
hochgiftiges Löschwasser in den Rhein geflossen, das Tausende Fische
über Hunderte Kilometer bis über die Loreley hinaus tötete.

IKSR-Geschäftsführerin Anne Schulte-Wülwer-Leidig sagte, bis auf den

seltenen Stör zeigten sich wieder alle traditionellen Fischarten im
Rhein - und auch neue, die durch den Main-Donau-Kanal eingewandert
seien. «Insgesamt sind es mehr als 60 Arten.» Damit die
springfreudigen Lachs sich auch wieder in ihren ehemaligen
Heimatgewässern im Raum Basel vermehren könnten, müssten am Oberrhein

noch an drei weiteren Staustufen Fischtreppen gebaut werden. Andere
in den Fluss zurückgekehrte Wanderfische sind etwa Meerforellen,
Meerneunaugen und Maifische.

IKSR-Präsident Gustaaf Borchardt betonte: «Umweltpolitik kommt nur
voran, wenn es Katastrophen gibt.» Nach Sandoz hätten die Politiker
viel Geld für die Sanierung des Rheins in die Hand genommen. Heute
seien 96 Prozent seiner Anwohner an Kläranlagen angeschlossen, mit
Investitionen von 80 Milliarden Euro.

Nordrhein-Westfalen hat derzeit den Vorsitz der deutschen
Flussgebietsgemeinschaft Rhein. NRW-Umweltminister Johannes Remmel
(Grüne) sagte, 60 Millionen Menschen lebten im Einzugsgebiet des
Stroms. «30 Millionen Menschen beziehen Trinkwasser aus dem Rhein.»

56 Messstellen überwachen laut Remmel heute die Wasserqualität des

Flusses, davon 39 in Deutschland. Bei einem Störfall greife ein
Alarmplan, um rasch die Behörden und Anwohner flussabwärts zu
informieren. Der Rhein wird von vielen Fabriken gesäumt. Dazu gehören

auch wichtige Unternehmen der Chemieindustrie.