Dramatische Lage im Bergmannsheil - zwei Tote bei Klinikbrand Von Claus Haffert, dpa

Mitten in der Nacht schlagen Flammen aus dem Dach der
Bergmannsheil-Klinik. Beim Brand in dem Bochumer Krankenhaus sterben
zwei Menschen. Weit über 100 Patienten werden gerettet. Es gibt
Hinweise, dass der Brand wohl von einer Patientin gelegt wurde.

Bochum (dpa) - An einem Balkongitter im sechsten Stock des
Bettenhauses im Bochumer Bergmannsheil-Krankenhaus hängen noch zwei
aneinandergeknotete Laken. Auf der anderen Seite des Gebäudes steht
ein Rollstuhl auf einem Balkon. Jalousien sind durch die Hitze
geschmolzen, sie hängen an der Fassade, Fenster sind herausgedrückt.
Die Bilder von Freitagmorgen beweisen die Dramatik. Wenige Stunden
zuvor sind bei dem Großbrand zwei Menschen in dem Klinikgebäude ums
Leben gekommen, 16 weitere erlitten Verletzungen.

Um 2.35 Uhr wird die Bochumer Feuerwehr alarmiert. Ein Brandmelder
schlägt an, fast gleichzeitig geht ein Notruf in der Leitstelle ein.
Als erste Rettungskräfte sechs Minuten später am Krankenhaus
eintreffen, ist der Brand schon «untypischerweise viel weiter
fortgeschritten, als es zu erwarten gewesen wäre», wie Einsatzleiter
Gottfried Wingler-Scholz später die Abläufe schildert. Die Lage sei
«sehr, sehr brenzlig» gewesen.

An zwei Fenstern stehen Patienten. «Man hat den Flammenschein im
Hintergrund schon gesehen», berichtet Wingler-Scholz. Die beiden
Kranken werden über eine Drehleiter in Sicherheit gebracht.
Feuerwehrleute hasten mit schwerem Atemschutzgerät das Treppenhaus
bis in der sechsten Stock hinauf. Zum Glück sind in den siebten und
achten Etage, die das Feuer komplett zerstört, keine Patienten
untergebracht, sondern nur technische Einrichtungen.

Viele bettlägerige Patienten aus der Station für
Infektionskrankheiten müssen heruntergetragen werden. Unter den
Geretteten ist nach Angaben von Wingler-Scholz auch der Patient, der
sich wohl mit den zusammengeknoteten Laken vom Balkon abseilen
wollte.

Nach 45 Minuten ist das Gebäude evakuiert. Pflegekräfte, Ärzte,
Polizisten hätten «beherzt an allen Ecken und Enden mitgeholfen, die
Leute in sichere Bereiche zu bringen», berichtet der Einsatzleiter.
126 Patienten werden aus dem Haus geholt, vier von ihnen sind so
schwer verletzt, dass sie mit Hubschraubern am Vormittag in
Spezialkliniken geflogen werden müssen.

Für zwei Patienten kommt der Rettungseinsatz zu spät. In dem
Krankenzimmer, in dem das Feuer nach ersten Erkenntnissen
ausgebrochen ist, stirbt eine 69-Jährige, die nach Angaben des
ärztlichen Direktors der Klinik, Prof. Thomas Schildhauer, allein
dort untergebracht war. Das zweite Todesopfer, ein 41-Jähriger aus
Marl, wird tot aus dem Nachbarzimmer geborgen.

Nach ersten Zeugenvernehmungen haben die Ermittler einen ersten
schrecklichen Verdacht: Der Brand könnte von der Patientin gelegt
worden sein. «Suizidale Absichten sind nicht auszuschließen», heißt

es.

Auch das Krankenhaus löst Großalarm aus. Alle Ärzte und Pflegekräft
e
im Dienst eilen zum brennenden Gebäude, sie helfen dabei, die
Patienten aus den nicht vom Feuer betroffenen Etagen zu holen.
Darunter sind Patienten mit Querschnittslähmungen, wie Schildhauer
berichtet. Sie können alle auf anderen Stationen auf dem großen
Klinikgelände untergebracht werden. Um Platz für sie zu schaffen,
werden andere Patienten früher entlassen.

Für eine solche Notlage gebe es «festgelegte Pläne, die auch immer
wieder geübt werden», sagt der Klinikdirektor. Vor eineinhalb Jahren
habe es eine sehr große Übung mit der Simulation einer ähnlichen Lage

gegeben. Ärzte, Schwestern, Pflegekräfte seien «betroffen und
erschöpft, aber auch froh, dass sie so viele Patienten retten
konnten».

Noch während die Löscharbeiten dauern, verschaffen sich Ermittler in
weißen Overalls ein erstes Bild von der sechsten Etage. Die
Klinikleitung muss jetzt den Weiterbetrieb des wichtigen
Unfallkrankenhauses organisieren. «Das Krankenhaus ist einsatzfähig,
die Notfallversorgung nicht eingeschränkt», versichert Schildhauer.
Wichtige Bereiche wie Operationssäle und Intensivstationen seien
nicht betroffen.

Durch die Löscharbeiten sei die Krankenhausküche stark in
Mitleidenschaft gezogen worden. Es gebe aber eine Ersatzküche. Andere
Kliniken und das Technische Hilfewerk hätten Hilfe bei der Versorgung
der Patienten mit Essen und Trinken angeboten.