«Fixierung auf Medaillen»: DLV-Chef übt Kritik an DOSB-Reform

Die Debatte über den Entwurf der geplanten Leistungssportreform
beginnt. DLV-Präsident Prokop kritisiert, dass die Steigerung der
Medaillenzahl die Maxime sein soll. Außerdem müsse das Doping-Problem
mit einbezogen werden: Erfolge seien nicht vergleichbar.

Düsseldorf (dpa) - DLV-Präsident Clemens Prokop hat die geplante
Leistungssportreform kritisiert. Nach Ansicht des Chefs des Deutschen
Leichtathletik-Verbandes ist der Entwurf allein darauf ausgerichtet,
die Zahl der Medaillen bei Olympischen Spielen und
Weltmeisterschaften zu steigern. «Dem Ziel, dass wir mehr Medaillen
holen wollen, will ich mich gar nicht verweigern. Die
Medaillenperspektive aber zum alleinigen maßgeblichen Kriterium der
Förderung zu machen, kritisiere ich», sagte er am Donnerstag der
Deutschen Presse-Agentur.

Vielmehr müssten auch andere Kriterien wie die internationale
Konkurrenzsituation in einer Sportart, deren gesellschaftliche
Relevanz und die unterschiedliche Dopingbekämpfung auf der Welt
berücksichtig werden, meinte Prokop weiter. «Die Förderungswürdigke
it
wird dominant darauf fokussiert, ob Medaillen in einer Sportart und
einer Disziplingruppe in welchem Umfang erwartbar gemacht werden
können», sagte er. «Bei dieser Fixierung auf Medaillen wird die
internationale Konkurrenzsituation unzureichend berücksichtigt.»

Es gebe aber Sportarten, in denen die internationale Konkurrenz aus
200 Ländern kommt, aber es gebe auch welche - zum Beispiel im Winter
-, in denen ganze Kontinente nicht vertreten seien. «Durch die
Konzentration auf Medaillen werden Sportarten mit geringerer
internationaler Konkurrenz bevorteilt», argumentiert er. Wenn der
schnelle Weg zu einer Medaille nur Maßstab sei, müsse man sich zum
Beispiel vom Sprint der Männer verabschieden. «Ich sehe die Gefahr,
dass der Sport da, wo wir stark sind, noch stärker wird, und dort, wo
wir schwach sind, noch schwächer wird.»

Auch dass besonders vor den Olympischen Spielen in Rio diskutierte
Dopingproblem findet nach Prokops Ansicht in dem Reform-Entwurf, der
am 18. Oktober in Frankfurt/Main mit den Fachverbänden diskutiert
werden soll, keine Berücksichtigung. «Da werden Erfolge verglichen,
die bei der unterschiedlichen Kontrollsituation auf der Welt nicht
vergleichbar sind», meinte Prokop. Deshalb sei «die Absolutierung des
Erfolgs gerade im Zeichen der Dopingbekämpfung gefährlich».

Ebenso vermisse er das Kriterium der gesellschaftliche Relevanz einer
Sportart in Deutschland in dem Konzept. «Wie vermittele ich die
Verantwortung des Bundes für den Leistungssport, wenn es nur darum
geht, Medaillen zu erzielen», erklärte der Jurist aus Regensburg.
«Dann wäre es konsequent, wir investieren nur in sogenannte
Randsportarten, weil ich da die größte Chance habe, schnell Medaillen
zu machen.» Wenn durch den Leistungssport jedoch eine Vorbildfunktion
erreicht und junge Leute bewegt werden sollten, diese Sportart zu
betreiben, «muss ich das bei der Erfolgsdefinition berücksichtigen».


Der DLV-Präsident hofft, dass bei der nun anstehenden Diskussion über
die Reform mit dem Deutschen Olympischen Sportbund Vorschläge der
Verbände auch angenommen werden. «Ich glaube nicht, dass geplant ist,
dass die Reform in Stein gemeißelt ist wie die Zehn Gebote», so
Prokop.