Vorleserin an der Brille - Alltagshelfer für Menschen mit Handicap Von Dorothea Hülsmeier, dpa

Ob Zahnbürste mit Griffbügel oder Mini-Webcam an der Brille - für
Menschen mit Handicap gibt es immer mehr Hilfsmittel, die das Leben
leichter machen. Die Messe Rehacare zeigt neueste Alltagshelfer.

Düsseldorf (dpa) - Für Menschen mit Handicap gibt es heutzutage zum
Teil verblüffend einfache Hilfsmittel, die den Alltag erleichtern.
Aber auch Computer, Smartphone und Apps sind auf dem wachsenden Markt
für Pflege und Rehabilitation nicht mehr wegzudenken. Die
internationale Messe Rehacare in Düsseldorf stellt bis Samstag
neueste Hilfsmittel für junge und alte Menschen vor. Einige Beispiele
für praktische Alltagshelfer:

DIE VORLESERIN AN DER BRILLE: Sie liest die Zeitung und Bücher vo
r,
erkennt Gesichter und die Verpackung des Lieblingstees. 12 Gramm
wiegt die Mini-Webcam mit Lautsprecher, die an der Brille befestigt
wird. Mit dem Finger zeigt ein sehbehinderter Mensch auf einen
Artikel oder eine Buchseite, und schon fängt eine Frauenstimme an
vorzulesen.

Die OrCam-Lesehilfe ist über ein Kabel mit einem Handsteuergerät so
groß wie eine Fernbedienung verbunden. In einer Entfernung bis zu
drei Metern kann die Kamera zuvor gespeicherte Gesichter erkennen und
sagt den Namen der Person. Bis zu 50 Meter Entfernung liest sie auch
Schilder. Im Supermarkt kann die Minikamera bis zu 150 zuvor
gespeicherte Produkte erkennen. Das 4200 Euro teure Gerät der
Stuttgarter Firma Help Tech ist seit August auf dem Markt.

DESIGN-ROLLATOR: Gehhilfen müssen nicht kastig, unhandlich und
schwarz sein, sie dürfen auch erdbeerrot und aerodynamisch
daherrollen. Aus dem Hightech-Material Carbon, das auch im
Flugzeugbau und Rennsport zum Einsatz kommt, ist ein neuer
Leicht-Rollator gefertigt. Das 4,5 Kilo schwere Gerät ist von weitem
kaum als Gehhilfe zu erkennen und soll nach Angaben der Hersteller
dazu beitragen, die Nutzung von Rollatoren zu «entstigmatisieren».
Die Griffe stehen nach vorn, damit der Nutzer beim Gehen keinen
Buckel macht. Der Carbon-Rollator der Firma TOPRO ist ab Oktober im
Fachhandel für 569 Euro erhältlich.

BAGGER FÜR ROLLSTUHLFAHRER: Wer etwa nach einem Unfall im Rollstuhl
sitzt, kann unter bestimmten Bedingungen künftig trotzdem im
Gartenbau oder in der Landwirtschaft arbeiten. Ein finnischer
Baumaschinenhersteller hat einen Multifunktionslader
behindertengerecht umgebaut. Der Rollstuhl wird hydraulisch auf Höhe
des Fahrersitzes gehievt, ohne Hilfe kann der Nutzer umsteigen. Sein
Rollstuhl kann huckepack mitfahren. Gesteuert wir die Maschine mit
einem Joystick oder Fußsteuerung. Der rund 20 000 Euro teure
Multifunktionslader kann nach Angaben der Hersteller mit rund 40
Anbaugeräten ausgestattet werden - von der Baggerschaufel bis zum
Rasenmäher.

ESSROBOTER: Der Roboterarm mit angestecktem Plastiklöffel nimmt
Kartoffeln und Erbsen vom Teller und bugsiert das Essen vorsichtig
zum Mund des hilfsbedürftigen Menschen. Ist das die Zukunft der
Pflege etwa im Heim, wo die Pflegezeit in Minuten gemessen wird? Der
Roboter «iEat» kann von der pflegebedürftigen Person eigenhändig pe
r
Knopfdruck gesteuert werden, aber auch automatisch füttern.

Arthur Blom, Geschäftsführer der niederländischen Firma Assistive
Innovations, räumt ein: «Einige Leute mögen den Roboter überhaupt
nicht, aber andere finden ihn gut.» So könne ein Familienmitglied bei
der häuslichen Pflege gleichzeitig seine Mahlzeit einnehmen, während
der Roboter den Partner füttere. Im Pflegeheim könne ein alter Mensch
außerdem selbst entscheiden, ob er schnell oder langsam essen wolle
und den Roboter entsprechend einstellen. Damit sei er nicht mehr von
möglicherweise gestressten Pflegern abhängig. Der 4900 Euro teure
Roboterarm ist seit April auf dem Markt.

ZAHNBÜRSTE mit GRIFFBÜGEL: Manchmal sind es ganz einfache Dinge, die

helfen, den Alltag mit Behinderung zu meistern. So kann ein simpler
Bügel an der elektrischen Zahnbürste Menschen mit Greifproblemen -
etwa nach einem Schlaganfall - wieder die tägliche Mundhygiene
ermöglichen. Die Hand wird unter den Bügel geschoben - die Zahnbürste

kann nicht mehr wegrutschen. Der Griffbügel lässt sich um die
Zahnbürste drehen, so dass man mit dem Bürstenkopf überall hinkommt.

Die «t.brush» der Firma Gripability ist allerdings noch in der
Entwicklung und hat noch keinen Preis.