Betriebsrenten-Reform: Verzicht auf Garantie soll Schub bringen Von Basil Wegener, dpa

Das Rentenniveau sinkt - trotzdem stagniert die Vorsorge durch
Betriebsrenten seit Jahren. Jetzt soll es neuen Schub geben. Eine
Spitzenrunde mit Nahles und Schäuble stellte die Weichen.

Berlin (dpa) - Der Wegfall von Rentengarantien soll den
Betriebsrenten in Deutschland neuen Schub geben. Auch neue Zuschüsse
und eine höhere Steuerförderung sind geplant. Das sind Kernpunkte von
Gesetzesplänen zur Stärkung der Betriebsrenten in Deutschland, wie
Teilnehmer einer Spitzenrunde am Dienstag in Berlin der Deutschen
Presse-Agentur sagten. Bei dem Treffen von Sozialministerin Andrea
Nahles (SPD) und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit
Arbeitgebern und Gewerkschaften wurde das Reformprojekt beraten.

Unternehmen sollen Betriebsrenten demnach künftig nicht mehr in einer
bestimmten Höhe garantieren müssen. Stattdessen soll eine reine
Beitragszusage reichen, wenn sich Arbeitgeber und Gewerkschaften in
Tarifverträgen auf Modelle der betrieblichen Altersvorsorge (bAV)
einigen. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen scheuen oft vor
bAV-Angeboten zurück, weil Unternehmen noch viele Jahre dafür haften,
dass die Renten auch ausgezahlt werden.

Nahles kündigte laut Teilnehmern einen Gesetzesvorschlag in den
nächsten beiden Wochen an. Eine Sprecherin des Sozialministeriums
sagte: Schäuble und Nahles hätten «einen ausreichenden Konsens» f
ür
einen gemeinsamen Gesetzentwurf erzielt. Dieser werde zügig
ausgearbeitet. Parallel dazu bereitet Nahles derzeit ein
Gesamtkonzept zur Rente vor. Bei der gesetzlichen Rente will sie
Haltelinien gegen das Absinken des Rentenniveau einziehen.

60 Prozent der Arbeitnehmer nehmen an der bAV teil - die Quote
stagniert seit Jahren, viele haben nur kleine Anwartschaften. Neue
Erfolge bei der Betriebsrente könnten auch den Druck auf die
gesetzliche Rente mindern. Die meisten der 16 Millionen
Riester-Verträge und 15 Millionen zugesagten Betriebsrenten reichen
heute nicht aus, um die wachsende Rentenlücke zu stopfen.

Dass die Firmen nicht mehr unbedingt für die Rentenzahlung haften
müssen, war eine Forderung der Wirtschaft - die Verankerung von
Betriebsrenten in Tarifverträgen ein Gewerkschaftsanliegen. Der DGB
und seine Mitgliedsgewerkschaften fordern zudem, dass die Arbeitgeber
im Gegenzug zur Enthaftung einen zusätzlichen Sicherungsbeitrag
leisten. Dafür solle es eine steuerliche Entlastung geben.

Auch andere Schritte sind vorgesehen: So sollen Betriebsrenten von
Geringverdienern steuerlich bezuschusst werden - diskutiert wurde dem
Vernehmen nach, ab welcher Höhe dies gelten soll. Es zeichne sich
demnach eine Einkommensgrenze von 2000 Euro ab, hieß es von einer
Seite. Andere forderten eine höhere Grenze. Bis zu einer Grenze von
480 Euro Beitrag im Jahr könnten Arbeitgeber demnach 30 Prozent über
die Lohnsteuer zurückbekommen. Zudem ist eine Anhebung der
Steuervorteile angepeilt.

Wer Riester und bAV kombiniert, soll künftig zudem bei den
Sozialbeiträgen verschont werden: Für viele ist die Pflicht zu
Krankenkassen- und Pflegebeiträge zum vollen Beitragssatz bei der
bAV-Auszahlung heute ein Hemmnis für den Abschluss solcher Verträge.

Steigender Attraktivität von Betriebsrenten bei Niedrigverdienern
soll noch eine weitere Änderung dienen. Denn gesetzliche, private und
betriebliche Rente werden heute auf die Grundsicherung angerechnet.
Erwogen wird, das nicht mehr hundertprozentig zu machen.

Nicht zur Sprache sind demnach bei dem Treffen Ideen gekommen, die
Verbindlichkeit zu stärken. Erwogen wird, dass Arbeitgeber bAV
anbieten müssen - und Arbeitnehmer widersprechen können (opt out).