Augenarzt wehrt sich gerichtlich gegen Zwangszuweisung von Patienten

Weimar/Gotha (dpa) - In Thüringen muss sich erstmals ein Gericht mit
der Frage beschäftigen, ob ein niedergelassener Arzt die Aufnahme von
Patienten in seiner Praxis verweigern darf. Vor dem Sozialgericht
Gotha klagt ein Augenarzt aus Ostthüringen gegen die Kassenärztliche
Vereinigung (KV), die dem Mediziner Patienten zwangsweise zugewiesen
hatte. Zuvor hatten diese Patienten vergeblich versucht, einen Termin
in der Praxis zu erhalten. Der Mediziner hält die Zwangszuweisung für
unrechtmäßig. Eine Entscheidung wird laut Gericht voraussichtlich bis
Jahresende fallen. Ein vergleichbarer Fall in Deutschland ist den
Gothaer Sozialrichtern bisher nicht bekannt.

Hintergrund ist die Misere bei Augenarztterminen in Thüringen. Viele
Praxen nehmen keine Patienten an und begründen dies in der Regel mit
Überlastung. Nach Angaben von Gerichtssprecher Jens Petermann muss in
dem Rechtsstreit geklärt werden, ob die KV «einem Facharzt Patienten
zuweisen durfte und damit eine Verpflichtung zur Behandlung bestand».

Die KV ist die Interessenvertretung der niedergelassenen Ärzte und
als Körperschaft des öffentlichen Rechts dafür verantwortlich, dass
die ambulante ärztliche Versorgung jederzeit sichergestellt ist.
Niedergelassene Ärzte sind KV-Pflichtmitglieder. Fraglich ist, ob
auch eine Zwangszuweisung von Patienten an freiberufliche Ärzte - die
faktisch selbstständige Unternehmer sind - durch diesen
Sicherstellungsauftrag gedeckt ist. Die KV wollte sich unter Verweis
auf das laufende Verfahren nicht zu dem Rechtsstreit äußern.