Attacke auf Taxifahrer: Schenker-Chef Thewes geht ins Gefängnis Von Rolf Schraa und Christiane Oelrich, dpa

DB Schenker, eine wichtige Tochter der Deutschen Bahn mit 67 000
Beschäftigten, muss demnächst zwei Wochen lang ohne Chef auskommen.
Denn der geht in Singapur ins Gefängnis. Der Manager hatte
offensichtlich einen nächtlichen Totalaussetzer.

Essen/Singapur (dpa) - Folgenschwerer Blackout eines Spitzenmanagers
im Vollrausch: Jochen Thewes, Chef von rund 67 000 Beschäftigten der
größten Bahn-Tochter Schenker, muss nach einer nächtlichen
Gewaltattacke auf einen Taxifahrer in Singapur für 14 Tage ins
Gefängnis. Vor einem Jahr soll der Deutsche laut einer Singapurer
Gerichtsentscheidung den Taxifahrer angepöbelt und gestoßen und
dessen Fahrzeug demoliert haben, weil der ihn nicht mitnehmen wollte.


Thewes trete die Haft an und verzichte auf eine Berufung gegen die
Entscheidung, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Freitag aus
Unternehmenskreisen. Er wolle das Verfahren so schnell wie möglich
beenden, um Schaden von Schenker abzuwenden.

Der Verfall ereignete sich in den frühen Morgenstunden des
24. September 2015 in Singapur. Thewes sagte später vor Gericht, er
könne sich wegen seines Alkoholkonsums an Einzelheiten nicht mehr
erinnern. Das stimmte das Gericht aber nicht gnädig: Die Strafe der
bekannt strengen Singapurer Justiz lautete auf Haft und umgerechnet
650 Euro Geldstrafe, die Thewes bereits beglichen hat.

An dem verhängnisvollen Abend vor einem Jahr war er laut den
Gerichtsunterlagen mit seiner Ehefrau und einem Verwandten zunächst
Essen gewesen und hatte danach noch mit Freunden Alkohol getrunken.
Dann zog er bis in den frühen Morgen allein weiter.

Eine Überwachungskamera nahm die Attacke um 3.50 Uhr früh auf: Thewes
soll den Fahrer wüst beschimpft, vor die Tür des Taxis getreten und
den Fahrer in seinen Sitz gestoßen haben. Die Brille des Mannes ging
dabei zu Bruch. Ein Arzt diagnostizierte später Schwellungen im
Gesicht des Mannes. Umstritten ist, ob der Manager den Taxifahrer
auch ins Gesicht geschlagen hat: Das war auf dem Video nicht zu
erkennen, Thewes kann sich nicht erinnern.

Der 45-Jährige ist am Boden zerstört: Er hat sich bei dem Taxifahrer
entschuldigt und ihm Schadenersatz gezahlt und mehrfach und
vergangene Woche auch persönlich vor den Mitarbeitern in der Essener
Schenker-Zentrale sein Fehlverhalten eingeräumt. Das Karriere-Aus
droht ihm aber offenbar nicht: Der Bahn-Vorstand habe ihm weiter sein
Vertrauen zugesichert, hieß es aus Kreisen.

Die ganze Affäre kommt für den Schenker-Chef zu einem äußerst
ungünstigen Zeitpunkt. Thewes wichtigster Auftrag beim Amtsantritt
vor gut einem Jahr lautete, die Rendite auf das Niveau der großen
Konkurrenten wie Kühne & Nagel zu heben und die Bahn-Logistiktochter
fit zu machen für einen Börsengang. «Ich gehe raus, um das Spiel zu
gewinnen», sagte er noch vor kurzem voller Selbstbewusstsein dem
«Handelsblatt».

Nun ist der 45-Jährige angeschlagen und gleichzeitig rückt die
Politik offensichtlich von einem Schenker-Börsengang ab. An diesem
Mittwoch (21.9.) beschloss der Bund eine milliardenschwere
Finanzspritze für die Bahn. Daraufhin drängte die mitregierende SPD,
den möglichen Teilverkauf der Konzerntöchter Arriva und Schenker zu
stoppen. Laut Bahnchef Rüdiger Grube ist eine Entscheidung aber noch
nicht gefallen.

Egal, ob es einen Börsengang gibt und Schenker, wie von Optimisten
bereits prognostiziert, sogar in den Dax aufrückt - eins ist sicher:
Thewes muss als Chef des Unternehmens noch viele Male nach Asien
reisen. Dort liegen die großen Wachstumspotenziale der Branche, von
denen auch Schenker profitieren will. Deshalb konnte es sich der
Manager wohl auch nicht leisten, eine Verurteilung in Singapur auf
sich beruhen zu lassen.