Und was hört ihr Brot am liebsten? - Bäcker beschallt seine Backwaren Von Bastian Benrath, dpa

Vom Hobby Schlagzeug zum Rock-Brot: Bäckermeister Axel Schmitt
beschallt seinen Teig mit Heavy Metal und Mozart. Am Ende schmecke
das Brot aromatischer, meint er.

Frankenwinheim (dpa) - «Es gibt zwei Dinge in meinem Leben», sagt
Axel Schmitt: «Musik und Backen». Der Bäckermeister steht im
Hinterzimmer seiner Backstube im unterfränkischen Frankenwinheim.
«Und dann war natürlich die Frage: Was hört mein Brot denn gerne?»


Der 35-Jährige mit Spitzbart, der in seiner Freizeit Schlagzeuger in
einer Metal-Band ist, hat sich im Hinterzimmer das eingerichtet, was
er sein «Aromastudio» nennt. Bei 28 Grad reift hier der Sauerteig für

sein Brot. Seit kurzem hat der niedrige Raum mit den Metalltüren eine
neue Einrichtung: An der Rückwand stehen, gestapelt wie im Bierzelt,
große, schwarze Lautsprecherboxen.

Begonnen hatte alles ein Jahr zuvor: Schmitt begann eine Ausbildung
zum Brotsommelier. Nur gut ein Dutzend dieser Brotexperten soll es
weltweit geben. Insgesamt 480 Stunden lang absolvierte er Kurse an
der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk in Weinheim. In der
Sensorik-Schulung rochen er und seine Kommilitonen tagelang an
verschiedenen Salzlösungen, um ihren Geruchssinn zu trainieren.

Zum Abschluss seiner Ausbildung musste Schmitt eine wissenschaftliche
Projektarbeit abgeben. Das kam ihm gelegen: «Ich experimentiere
liebend gern rum.» So kam er auf die Idee, zu untersuchen, welche
Auswirkungen Schall auf die Reifung von Sauerteig hat. Aus den Boxen
im Aromastudio dröhnte 16 Stunden lang Musik auf den Teig ein - mal
Hardrock, mal Mozart.

Damit die Proben vergleichbar wurden, wurde jede Musikrichtung gleich
laut gespielt: 100 Dezibel - das entspricht ungefähr einem
Presslufthammer direkt neben dem Ohr. Auch mit Ultraschall, für
menschliche Ohren nicht hörbar, beschallte er den Teig - und verglich
ihn hinterher mit einem in Stille gereiften.

Das Ergebnis: Schall verändert tatsächlich die Art und Weise, wie der
Teig reift. Am größten war der Unterschied zwischen Stille und
Ultraschall. Die extrem hohen Töne, erklärt Schmitt, regen offenbar
die Kulturen im Sauerteig zu größerer Produktivität an.

Was in einem Sauerteig passiert, erklärt der Zentralverband des
Deutschen Bäckerhandwerks auf seiner Internetseite: Sauerteig besteht
aus Roggenmehl und Wasser. In dem Gemisch wachsen Milch- und
Essigsäurebakterien sowie Hefen. Die Hefen produzieren Kohlendioxid,
das für Bläschen und Lockerheit im Teig sorgt.

Werden Bakterien und Hefen beschallt, regt sie das an und sie
produzieren mehr Säure und mehr Kohlendioxid, wie Schmitt erklärt.
Der beschallte Teig habe einen deutlich anderen Säuregrad und pH-Wert
bekommen als der in Stille gereifte. Nach dem Backen habe das Brot
aromatischer geschmeckt, meint er. Was heißt «aromatischer»? «Na,
mehr nach Brot eben», sagt Schmitt. 

Die Wirkung von Musik sei hingegen eher klein gewesen, gibt er zu.
Die Boxen im Aromastudio sollen dennoch stehen bleiben. Denn gut
verkaufen werde sich das musikalische Brot trotzdem, ist er
überzeugt. «Demnächst gibt's bei mir Rock-Brot.»