Grässliche Leiche im Steinzeit-Stress - Kurioses um den Ötzi Von Annette Reuther, dpa

Vor 25 Jahren erwachte Ötzi zu seinem zweiten Leben. In diesem muss
er auch als Briefbeschwerer und Schnaps herhalten. Und es gibt mehr
kuriose Fakten zur berühmtesten Gletschermumie der Welt.

Bozen (dpa) - Wer war der Ötzi, warum rannte er vor 5300 Jahren in
den Ötztaler Alpen umher und wie kam er ums Leben? Der Mann aus
dem Eis beschäftigt Wissenschaftler und Laien. Einige Kuriositäten
aus den vergangenen 25 Jahren: 

Ötzi als der verschollene Onkel Enno

Kurz nach der Entdeckung meldeten sich viele Laien mit allerlei
bizarren Interpretationen, wer der Ötzi sein könnte. Manche sahen in
ihm eine ägyptische Mumie, die der Extrembergsteiger Reinhold Messner
auf dem Berg abgelegt haben soll. Andere hielten den Mann aus dem Eis
für einen Boten des Klimawandels, ein Opfer der Sintflut oder einen
Auswanderer aus Babylon. Ein Parapsychologe erklärte, er habe mit
«instrumenteller Transkommunikation» mit einer «vermittelnden
Wesenheit aus dem Jenseits» Kontakt aufgenommen. Andere berichteten,
sie seien eine Reinkarnation des Eismannes oder direkte Nachfahren.
Wieder andere meldeten sich, weil sie in Ötzi verstorbene Verwandte
wiedererkannt haben wollen. Ein Mann bestand zum Beispiel darauf,
dass er in Ötzi anhand seiner Tätowierungen seinen Onkel Enno
wiedererkannt habe. Die Schwämme, die an der Fundstelle entdeckt
wurden, seien eindeutig dem «Hausrat der Tante Annelise zuzuordnen».
Archiviert sind viele solcher Geschichten bei der Universität
Innsbruck.

Wie der Ötzi zu seinem Namen kam 

Angelehnt an den Fundort heißt die Gletscherleiche entweder Mann vom
Tisenjoch, Mumie vom Similaun, der Eismann oder Mann vom Similaun.
Der offizielle Name lautet Mann aus dem Eis. Aber kein Name ist so
schön wie «Ötzi». Es war der Wiener Reporter Karl Wendl, der 1991 d
en
weltweit bekannten Spitznamen prägte. «Diese ausgetrocknete,
grässlich anzusehende Leiche muss positiver, lieblicher werden, um
daraus eine gute Story zu machen», befand er damals. Yeti und Ötztal
wurden kombiniert: Ötzi.

Ötzi als Pizza

Das Geschäft mit dem Ötzi brummt seit seiner sensationellen
Entdeckung. So gibt es Ötzi-Schnaps, Ötzi-Pizza und
Ötzi-Gummibärchen, Ötzi-Briefbeschwerer, Ötzi-Mousepads und
Ötzi-Schokolade. In Ferrero-Überraschungseiern waren plötzlich «Die

Ötzis» zu finden. In Bozen gab es auch schon ein Ötzi-Musical namens

«Frozen Fritz». Der Markenname Ötzi ist nicht geschützt. Gebühren
für
die Nutzung fallen somit nicht an. Ötzi hatte übrigens nicht nur
Tattoos, sondern ist selbst eines: Brad Pitt hat sich die Figur
eintätowieren lassen.

Ötzis Doppelgänger

Der Ötzi liegt in einer Eisgruft im Archäologischen Museum in Bozen.
Dort wird er ständig mit Wasser besprüht, damit er nicht austrocknet.
Um die optimale Konservierung zu garantieren, wurde das Verfahren an
einer anderen Leiche ausprobiert: Dem «Ötzi 3». Ein Mann hatte der

Uni Innsbruck, wo auch der Ötzi zunächst untersucht wurde, seinen
Körper für die Forschung zur Verfügung gestellt. Er wurde daraufhin
künstlich mumifiziert. 15 Jahre lang diente diese Körperspende als
Versuchsobjekt. 2012 wurde die Leiche in Innsbruck in der
Ehrengrabanlage der Anatomie beerdigt.

Ötzi hatte Flöhe und war im Stress

Ötzi plagten zahlreiche Krankheiten. Der Zustand seiner Fingernägel
lässt auf Steinzeitstress schließen. Ötzi hatte auch Karies und
Parodontose. Seine schwarze Lunge deutet darauf hin, dass er sich
ständig am offenen Feuer aufhielt. Forscher fanden zudem heraus, dass
Ötzi «moderne Zivilisationskrankheiten» hatte, nämlich eine
Veranlagung zu Herz-Kreislaufproblemen und eine Laktose-Intoleranz.
Eine Untersuchung seines Darminhaltes belegte, dass ihn ein
sogenannter Peitschenwurm plagte. Und in Ötzis Haaren wurden
Hirschlausfliegen gefunden, in seiner Kleidung zwei Menschenflöhe.