Stada-Aktionäre wählen Aufsichtsratschef Abend ab

Scherbengericht über den Stada-Aufsichtsratschef Martin Abend: Auf
Druck eines kritischen Aktionärs verliert der Mann seinen Posten. Er
galt als Vertreter einer schlechten Vergangenheit.

Frankfurt/Main (dpa) - Der bisherige Aufsichtsratschef Martin Abend
des Pharma-Konzerns Stada ist auf der Hauptversammlung abgewählt
worden. Damit setzte sich am Freitag der kritische Investor Active
Ownership Capital (AOC) durch. Der Wahl war ein heftiger
Schlagabtausch zwischen Abend und dem Großaktionär vorausgegangen.

Der 1957 geborene Schweizer Jurist Eric Cornut rückte in den
Aufsichtsrat nach. Er hatte in der Vergangenheit mehrere
Managerposten beim Pharmakonzern Novartis inne und wird von AOC als
Vorsitzender vorgeschlagen. Darüber muss aber der Aufsichtsrat noch
abstimmen. Abend hatte dem Kontroll-Gremium seit 2009 vorgestanden.

Sein Stellvertreter Carl Ferdinand Oetker wurde hingegen von den
Aktionären im Amt belassen. Er wurde noch in der Nacht vom
Aufsichtsrat zum neuen Vorsitzenden des Kontrollgremiums bestimmt.
Als eine von vier Neuen kam Opel-Marketing-Chefin Tina Müller in
das Gremium.

Vor der Kampfabstimmung um die Neubesetzung des Aufsichtsrats hatten
sich der Großaktionär und Aufsichtsratschef Abend gegenseitig mit
scharfen Vorwürfen überzogen. Abend und sein Stellvertreter Oetker
hätten in ihrer Kontrollfunktion über Jahre versagt, sagte der
AOC-Mitbegründer Florian Schuhbauer, der die Abwahl sämtlicher sechs
Kapitalvertreter in dem neunköpfigen Kontrollgremium betrieb.
Letztlich kam nur Cornut als Gegenvorschlag durch.

In dem schlecht geführten Unternehmen hätten sie unter dem inzwischen
ausgeschiedenen Vorstandschef Hartmut Retzlaff «Gehaltsexzesse und
Vetternwirtschaft» geduldet. «Abend und Oetker können nicht Teil des

Neuanfangs sein, denn sie sind Teil des alten Systems», sagte er. Die
Aktionäre verweigerten dem Unternehmen die Zustimmung zu einem neuen
Gehaltssystem für den Vorstand.

Schuhbauer versicherte, dass AOC langfristig orientiert sei und das
Unternehmen als Ankerinvestor in die Zukunft führen wolle. Er stellte
den Aktionären schnelle Sparerfolge und mittelfristig eine starke
Wertsteigerung in Aussicht. «AOC will Stada nicht zerschlagen»,
erklärte ein weiterer Vertreter der Beteiligungsgesellschaft, die
nach eigenen Angaben rund 7 Prozent der Stada-Aktien kontrolliert.

Chef-Kontrolleur Abend hat seinerseits die Unabhängigkeit der von AOC
benannten Kandidaten für den Aufsichtsrat bezweifelt. Er zitierte
Einschätzungen, die eine Nähe zum Pharma-Riesen Novartis nahelegten.
Zudem hatte Abend die Aktionäre davor gewarnt, die
Kapitalvertreterseite im Aufsichtsrat komplett auszutauschen. «Dies
würde einen kompletten Verzicht auf Kontrolle und Erfahrung
bedeuten.»

Man müsse den aktivistischen Aktionären dankbar sein, sagte hingegen
Peter Barth, Vertreter der Deutschen Schutzvereinigung für
Wertpapierbesitz (DSW): «Stada ist aus seinem Dornröschenschlaf wach
gerüttelt worden, nicht wachgeküsst.» Der Aktionärsschützer verla
ngte
andererseits vom Großaktionär AOC die Offenlegung der eigenen
Interessen. Die Gesellschaft trete als «selbst ernannter weißer
Ritter mit geschlossenem Visier» auf, sodass nicht einmal
ausgeschlossen werden könne, dass dahinter ein Konkurrent stehe.

Der seit Wochen öffentlich ausgetragene Konflikt hatte zu einer
Rekordbeteiligung bei der Hauptversammlung geführt.Im Frankfurter
Messe-Congresscentrum waren gut 57 Prozent des Kapitals vertreten,
wie die Versammlungsleiterin Karin Arnold mitteilte. Bei früheren
Aktionärstreffen waren höchstens 37 Prozent der Anteile präsent.

Der amtierende Chef des Herstellers von Nachahmermedikamenten
(Generika) und medizinischen Markenartikeln betonte die
Eigenständigkeit des Unternehmens aus Bad Vilbel bei Frankfurt.
«Unser Geschäftsmodell ist kerngesund. Stada braucht sich nicht neu
zu erfinden», sagte der erst wenige Wochen amtierende
Vorstandsvorsitzende Matthias Wiedenfels. Selbstkritisch merkte er
an, dass Stada in der Vergangenheit sein Potenzial nicht voll
ausgeschöpft habe. Man sei nicht transparent genug und zu
hierarchieorientiert gewesen.