Der Arzt Gerhard Trabert - Dauerläufer für Benachteiligte Von Peter Zschunke, dpa

Nach Ankunft der vielen Flüchtlinge auf den Bahnhöfen hat er Ärzte
zusammengerufen und eine medizinische Versorgung in den Unterkünften
organisiert. Das gesellschaftliche Klima hat sich in einem Jahr
geändert, aber der Mainzer Arzt packt weiter an.

Mainz (dpa) - Gerhard Trabert geht hin zu Menschen, die in Not sind.
Ob in Kriegen wie in Afghanistan oder bei Naturkatastrophen wie dem
Erdbeben in Haiti - der Mainzer Notfallmediziner macht sich auf den
Weg. Im April hat er Flüchtlinge an der griechisch-mazedonischen
Grenze in Idomeni verarztet, in diesem Monat bei der Rettung von
Flüchtlingen in Mittelmeer geholfen. Trabert habe «herausragende
Verdienste um das deutsche Gesundheitswesen und die Ärzteschaft
erworben», erklärte die Bundesärztekammer bei der Verleihung ihrer
Paracelsus-Medaille vor zwei Jahren.

Als vor einem Jahr Tausende von Flüchtlingen über Ungarn auf den
Bahnhöfen in Deutschland eintrafen, schrieb Trabert Ärzte in der
Region an, organisierte medizinische Hilfe in den Unterkünften. Heute
betreibt sein Team eine regelmäßige Betreuung in sechs Heimen, seit
kurzem auch eine Sprechstunde von Ärztinnen für geflüchtete Frauen.


Die Begegnung mit Menschen in Not, das Bewusstsein für ihre
«Gleichwürdigkeit» hat Gerhard Trabert schon als kleiner Junge
erfahren. Er wuchs in einem Waisenhaus in Mainz auf, wo sein Vater
erst Hausmeister, dann Erzieher war. Nach dem Studium der
Sozialarbeit und dann der Medizin erlebte er in Indien, wie Ärzte in
die Dörfer gingen. Dies wurde prägend für das «aufsuchende Konzept
»,
das Trabert vor 22 Jahren in der Versorgung von Wohnungslosen
umsetzte und nun auf die Flüchtlinge übertrug.

Woher schöpft der vierfache Vater seine Kraft? «Im Team machen wir
uns gegenseitig Mut, wenn wir wütend, verzweifelt oder melancholisch
sind.» Geprägt habe ihn auch die Bergpredigt mit ihrer radikalen
Nächstenliebe, von den Kirchen wünsche er sich aber mehr Engagement.

Und dann gibt es ja noch den Sport für den einstigen
Vize-Europameister der Junioren in der 400-Meter-Staffel. «400 Meter
sind eine besondere Strecke: Da muss man Durchhaltevermögen haben und
bereit sein, an die eigenen Grenzen zu gehen.»