Gesundheits-Apps und Fitnessarmbänder: Last oder Segen? Von Ruppert Mayr, dpa

Gesundheits-Apps oder Fitnessarmbänder können Anreiz bieten, sich
mehr zu bewegen, gesünder zu ernähren oder einfach seine Medikamente
regelmäßig zu nehmen. Doch noch sind viele Fragen zu klären - vor
allem beim Datenschutz.

Berlin (dpa) - Es gibt mehr als 100 000 Gesundheits-Apps. Die
Gesundheitspolitik erwartet sich einiges von den Minicomputern.
Allerdings stünden klare Qualitäts- und Sicherheitsstandards für
Patienten, Ärzte und Hersteller noch aus, sagt die Regierung. Es muss
klar sein, wer welche Daten aus dem Minicomputer bekommen darf und
wer nicht. Patienten müssen jederzeit die volle Souveränität über
ihre Daten haben. Sie entscheiden, was mit ihren Daten passiert,
sagte die Grünen-Gesundheitspolitikerin Maria Klein-Schmeink der dpa.

Wird der Datenschutz von solchen Apps eingehalten?

Häufig nicht, sagt Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Bei
Datenschutzerklärung und Einwilligung der Nutzer fehlt es oft an
Transparenz. Und wenn Daten im Ausland gespeichert werden, ist die
Nutzung nicht dem deutschen Datenschutzrecht unterworfen - Stichwort:
Google und Co.

Bieten Krankenkassen mehr Datenschutz als Google und Co.?

«Absolut! Hier ist der Umstand, dass die Krankenkassen als
Körperschaften öffentlichen Rechts stark reguliert sind, mal ein
Vorteil», sagte der Chef der Techniker Krankenkasse (TK), Jens Baas,
der dpa. «Und wir unterliegen dem deutschen Datenschutzrecht, das zu
den strengsten der Welt gehört. In den USA sieht das ganz anders aus.
Außerdem arbeiten wir nicht gewinnorientiert.»

Geben Versicherte ihre Daten an Krankenkassen weiter?

Nach einer Umfrage des Branchenverbandes Bitkom würde ein Drittel der
befragten Nutzer ihre Gesundheitsdaten an Krankenkassen weitergeben,
etwa um im Gegenzug Vorteile zu erhalten. Allerdings sehen nach einer
anderen Studie im Auftrag des Justizministeriums 39 Prozent der
Befragten in der Nutzung ihrer Daten durch Dritte ein Problem. In der
Tat könnte auf diesem Wege unter anderem eine Risikobewertung der
Versicherten durch die Krankenversicherung vorgenommen werden und
damit über eine Aufnahme oder Ablehnung entschieden werden.

Gewähren Krankenkassen Vorteile?

Als eine der ersten gesetzlichen Krankenkassen denkt die TK darüber
nach, die Nutzung von Fitnessarmbändern zur gesundheitlichen
Förderung in ihr Bonusprogramm zu integrieren. Allerdings stellte
TK-Chef Baas klar, die Teilnahme sei freiwillig. «Mit Risikobewertung
hat das nichts zu tun.» Anders als die private nehme die gesetzliche
Krankenversicherung keine Risikoprüfung oder -bewertung ihrer
Versicherten vor. «Jeder wird ohne Ansehen seiner Person versichert.»

Gibt es Vorbehalte der Versicherer gegen Fitnessarmbänder?

Ja, sowohl bei gesetzlichen wie bei privaten. Die Allianz
argumentiert, die Versichertengruppen der Bewegungsfreudigen sei zu
klein. Die messbare Beitragsersparnis durch Fitnessapps läge im
Promillebereich.

Die DKV Deutsche Krankenversicherung aus der Ergo Gruppe meint, die
Menschen sähen mehrheitlich keinen Nutzen im Gebrauch der heutigen
Wearables. In ihrem jüngsten Report gaben gut 6 Prozent der Befragten
an, ein Fitnessarmband zu besitzen. 3 von 10 Besitzern benutzen es
aber nicht mehr, weitere 16 Prozent haben es noch nie genutzt. Damit
verwendet nur gut die Hälfte der Besitzer die Fitnessarmbänder
tatsächlich.

Den Menschen sei die Nutzung zu anstrengend (19 Prozent) oder gehe
ihnen auf die Nerven (18 Prozent). 15 Prozent fühlen sich vom Armband
nicht motiviert, 15 Prozent finden es überflüssig, zwölf Prozent
langweilt es. Interessant könnten die Geräte für Menschen sein, denen

der Arzt etwa die Überwachung bestimmter Körperfunktionen empfohlen
hat oder die an einer chronischen Erkrankung leiden. Voraussetzung
sei aber, dass das Wearable medizinisch korrekte Messungen liefere.

Sind solche Gesundheits-Apps eigentlich verlässlich?

Die Ungenauigkeiten bei der Anzeige von Puls, Bewegung,
Kalorienverbrennung oder Ähnlichem sind immer noch sehr groß.
Klein-Schmeink warnt, durch Fehlfunktionen oder -informationen kann
es - im Gegensatz zur eigentlichen Absicht - zu
gesundheitsgefährdendem Verhalten kommen. Auch tauche der Begriff der
«Cyberchondrie» immer häufiger auf. Zunehmende Selbst-Vermessung oder

falsche Krankheitsinformationen aus dem Internet können
Krankheitsängste so weit schüren, «dass sie sich zu einer manifesten

Hypochondrie auswachsen». Es gibt heute etliche Tests, die die
Genauigkeit von Fitnessarmbändern und Apps überprüft haben.