Wohltäter Gröhe will Arbeit gerne fortsetzen Von Ruppert Mayr, dpa

Gesundheitsminister Gröhe hat viele Projekte der Koalition von der
Prävention bis zur Pflege abgearbeitet. Doch er ist weiter voller
Tatendrang und denkt schon über 2017 hinaus.

Berlin/Frankfurt/Main (dpa) - Hermann Gröhe ist die Verärgerung
deutlich anzusehen. Ihn, den Gesundheitsminister, Juristen und
engagierten evangelischen Christen in die Nähe der Nazis zu rücken,
ist ungeheuerlich. Gröhe war mit seinem Entwurf zur Ausweitung von
Arzneiversuchen an Demenzkranken auch in den eigenen Reihen auf
Widerstand gestoßen. In dem Streit schlugen die Wellen hoch - bis hin
zu Vergleichen mit Menschenversuchen der Nazis.

Gröhe musste seinen Entwurf auf Drängen der eigenen Fraktion und des
Koalitionspartners SPD ändern. Dabei wollte er lediglich eine
entsprechende EU-Vorgabe umsetzen und in einigen Punkten etwas
schärfer formulieren. Doch nun sind ihm handwerkliche Fehler
unterlaufen. Selbst Unions-Fraktionschef Volker Kauder war sauer. Man
muss diese Auseinandersetzung als eine der wenigen Niederlagen Gröhes
verbuchen.

Dabei hat der Gesundheitsminister bisher schnell und sauber geliefert
- und vor allem ohne schrille Töne. Gleichwohl wurde in der Szene
immer wieder hinter vorgehaltener Hand erzählt, Gröhe arbeite nur ab,
was ihm die beiden richtigen Gesundheitsexperten Jens Spahn (CDU) und
Karl Lauterbach (SPD) in den Koalitionsvertrag geschrieben hätten.
Und ihm wird zudem vorgeworfen, keine eigenen Duftmarken gesetzt zu
haben.

Aber nach knapp drei Jahren im Amt und einem Jahr vor der nächsten
Bundestagswahl 2017 greift dieser Vorwurf nicht mehr. Gröhe mag zwar
eine Gesetzesinitiative nach der anderen abgearbeitet haben. Und
sicherlich ist auch der Vorwurf der Krankenkassen nicht ganz
unberechtigt, er sei mit seinen Reformen einer der teuersten
Gesundheitsminister. Doch das Geld war ja da, zuletzt zehn Milliarden
Euro Reserven im Gesundheitsfonds und an die 15 Milliarden haben die
Kassen selbst zurückgelegt.

Die Gleichung - hier die soziale SPD, dort die sozialkalte CDU mit
ihrer kühlen Kanzlerin Angela Merkel - geht heute nicht mehr auf,
auch wenn Parteichef Sigmar Gabriel mit mehr oder weniger Erfolg
versucht, die soziale Kompetenz der SPD wieder herauszustellen. Denn
Gröhe hat das Geld genutzt. Nicht ohne Genugtuung weist er darauf
hin, dass er die seit Jahrzehnten größten Leistungsverbesserungen in
der Pflege durchgesetzt hat.

Mit diesen und anderen Wohltaten positionierte er sich als
ernstzunehmender Sozialpolitiker gegenüber seiner SPD-Gegenspielerin,
Arbeitsministerin Andrea Nahles. Angesichts ihrer eigenen Erfolge bei
der Rente oder auf dem Arbeitsmarkt hat Nahles Gröhe wohl etwas
unterschätzt. Denn die Zufriedenheit mit der Gesundheitsversorgung
ist in der Bevölkerung sehr hoch, und Gröhe schreibt sich das mit
Blick auf die Bundestagswahl 2017 gerne auf die Fahnen.

Schieflagen sieht Gröhe bei einzelnen Kassen. Er sieht aber keinen
Grund, etwas an der derzeitigen Beitragssatzregelung zu ändern, die
die Arbeitnehmer mehr belastet als die Arbeitgeber. Im Gegenteil sei
es trotz sehr guter Konjunktur nach wie vor richtig, dass der
Arbeitgeberbeitrag eingefroren wurde und damit letztlich
Arbeitsplätze gesichert würden. Der Wettbewerb unter den Kassen sei
richtig. Allerdings müsse man im Auge behalten, dass die
Zusatzbeiträge der einzelnen Kassen nicht zu weit
auseinanderdrifteten.

«Gerne würde ich die Arbeit als Gesundheitsminister fortsetzen.
Nationalspieler spielen aber da, wo sie der Trainer aufstellt», sagt
Gröhe. Das klingt zurückhaltend, könnte aber auch heißen: Wenn ich

weiter vorne spielen soll, mache ich das natürlich auch. Dass der
Trainer weiter eine Trainerin sein wird, daran lässt der ehemalige
Generalsekretär von CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel keinen
Zweifel.