SPD: Arbeitgeber wieder mehr an Krankenkassen-Finanzierung beteiligen

SPD-Chef Gabriel will zurück zur paritätischen Finanzierung der
Krankenversicherung. Neue Berechnungen gehen von massiv steigenden
Beitragssätzen aus. Gesundheitsminister Gröhe warnt vor Panikmache.

Berlin (dpa) - Die SPD will die Arbeitgeber wieder stärker an der
Finanzierung der steigenden Krankenkassen-Kosten beteiligen. «Die SPD
will, dass die Krankenkassenbeiträge wieder zur Hälfte von
Arbeitgebern und Arbeitnehmer getragen werden», sagte SPD-Chef Sigmar
Gabriel der «Bild»-Zeitung (Mittwoch). «Diese Parität muss auch bei

den Zusatzbeiträgen gelten. Ich verstehe nicht, dass sich die Union
dem bislang verweigert.» Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU)
sieht indes keinen Grund, das jetzige Finanzierungssystem zu ändern.

SPD-Fraktionsvize und Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte den
Zeitungen der Funke Mediengruppe (Mittwoch): «Es ist ungerecht, dass
die Arbeitnehmer jetzt alle Kostensteigerungen im Gesundheitswesen
allein tragen müssen.» Die Rückkehr zur hälftigen Finanzierung der

Krankenversicherung durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber sei eine
«Kernfrage sozialer Gerechtigkeit».

Vor rund elf Jahren war von Rot-Grün die Parität bei den
Krankenversicherungsbeiträgen aufgehoben worden. Mitte 2005 trat die
Regelung in Kraft, dass die Arbeitnehmer 0,9 Prozentpunkte mehr
bezahlen müssen als die Arbeitgeber. Der Beitragssatz war damals noch
variabel.

Seit 2009 gibt es einen einheitlichen Beitragssatz. Heute liegt der
allgemeine Beitragssatz, den Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur
Hälfte tragen müssen, bei 14,6 Prozent. Die Kassen können seit
vergangenem Jahr einen variablen, individuellen Zusatzbeitrag
erheben, den dann aber allein die Mitglieder zu tragen haben. Der
Zusatzbeitrag liegt für 2016 voraussichtlich bei durchschnittlich 1,1
Prozentpunkten. 

Der GKV-Spitzenverband geht davon aus, dass der durchschnittliche
Zusatzbeitrag bis 2020 um jährlich etwa 0,2 Punkte steigt. Um den
Anstieg vor der Bundestagswahl 2017 moderat halten zu können, sollen
die gesetzlichen Krankenkassen eine einmalige Finanzspritze von 1,5
Milliarden Euro aus den Reserven des Gesundheitsfonds bekommen.

Lauterbach reagierte jetzt auf neue Prognosen über einen noch
drastischeren Anstieg der Zusatzbeiträge. Der Gesundheitsökonom
Jürgen Wasem von der Universität Duisburg-Essen hatte prognostiziert,
der durchschnittliche Zusatzbeitrag von heute 1,1 Prozent könne bis
2020 auf 2,4 Prozent steigen.

Gröhe warnte nun vor Panikmache. Die Prognosen von
Gesundheitsministerium und GKV-Spitzeverband lägen weit darunter. Er
hielt Gabriel indirekt vor, mit dem Thema Wahlkampf machen zu
wollen. 

Der Präsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA),
Ingo Kramer, sagte, die Festschreibung des Arbeitgeberbeitrags bleibe
richtig. «Die positive Lage auf dem Arbeitsmarkt ist nicht zuletzt
Folge der stabilen Lohnzusatzkosten.» Diese müssten weiter begrenzt
werden, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Die Arbeitgeber
finanzierten mit der von ihnen allein getragenen Entgeltfortzahlung
schon einen höheren Teil der Krankheitskosten als die Arbeitnehmer.