Der Zahnarzt ist der meistbesuchte Facharzt Von Ruppert Mayr, dpa

Die Mundgesundheit der Deutschen ist so gut wie noch nie. Dennoch
gibt es in der alternden Gesellschaft noch viele Lücken. Den
Zahnärzten geht die Arbeit nicht aus.

Berlin (dpa) - Die Deutschen putzen ihre Zähne gründlicher, sie
lassen sie regelmäßig von Profis reinigen, und fast 80 Prozent gehen
regelmäßig zur Kontrolle. Die Zahngesundheit ist in den vergangenen
20 Jahren in allen Altersgruppen wesentlich besser geworden. Mehr als
80 Prozent der Zwölfjährigen haben keinen einzigen faulen Zahn - das
ist Weltspitze, sagen die Zahnärzte. Die schlechte Nachricht: In der
Versorgung älterer, pflegebedürftiger Menschen gibt es erhebliche
Defizite, ebenso wie bei Parodontose.

Was ist das Problem bei älteren Pflegebedürftigen?

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch,
wirft den niedergelassenen Zahnärzten vor, sich nicht um die
Mundgesundheit von Pflegebedürftigen in Heimen zu kümmern. Die
Menschen sind häufig nicht mehr beweglich genug, um zum Zahnarzt zu
gehen. «Bei der Hälfte der Bewohner liegt der letzte Zahnarztbesuch
mehrere Jahre zurück», sagte er der dpa. Der Gesetzgeber müsse die
Kassenzahnärzte verpflichten, regelmäßig im Pflegeheim zu behandeln.


Was sagen die Zahnärzte dazu?

Sie haben das Problem erkannt. Pflegebedürftige zwischen 75 und 100
Jahren hätten häufiger Karies und weniger eigene Zähne als die
Altersgruppe insgesamt. Der Chef der Kassenzahnärztlichen
Bundesvereinigung, Wolfgang Eßer, sagte am Dienstag bei der
Vorstellung der Fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie,
grundsätzlich sei die Kooperation freiwillig. Aber die Zahnärzte
müssten sich hier bewegen. «Wenn der Patient nicht mehr zu uns kommen
kann, müssen wir zu ihm gehen.» Zudem müssten die Zahnärzte in ihre
n
Praxen bauliche Barrieren gerade für Patienten mit eingeschränkter
Bewegungsfreiheit beseitigen.

Was liegt bei der Parodontose-Behandlung im Argen?

So sehr sich die Zahnärzte über den Erfolg besonders gegen Karies
freuen können - bei Parodontose gibt es noch erheblichen
Behandlungsbedarf. Im Grunde dauert die Behandlung lange und braucht
Geduld bei Arzt und Patient. Laut Eßer fehlt vor allem eine
vernünftige Nachsorge, die einen Behandlungserfolg langfristig
sichert. Er will für Patienten Anreize für eine Teilnahme an der
Nachsorge schaffen - ein Bonusmodell, ähnlich wie bei der Versorgung
mit Zahnersatz.

Andererseits bedarf die Behandlung vieler Aufklärungsgespräche des
Zahnarztes mit dem Patienten. Doch die «sprechende Zahnheilkunde»
werde - wie die «sprechende Medizin» insgesamt - schlecht vergütet,
meint Eßer. Hier müssten die gesetzlichen Krankenkassen mitspielen.

Wie ist die Versorgung in Schulen?

Die Zahnuntersuchung in Schulen wird durch den öffentlichen
Gesundheitsdienst abgedeckt. Doch der Dienst funktioniert in den
einzelnen Bundesländern unterschiedlich gut. Er könne vom Staat
durchaus besser unterstützt werden, heißt es bei den Zahnärzten.

Was kann der Mensch für gute Zähne tun?

Putzen, putzen, putzen - zumindest morgens und abends, aber nach
Möglichkeit auch nach den Mahlzeiten - ob mit normaler oder
elektrischer Zahnbürste sei grundsätzlich egal, heißt es. Hauptsache

mindestens zwei Minuten. Letztlich kommt es darauf an, dass man die
Zähne säubert. Elektrische Zahnbürsten können allerdings bei Mensch
en
sinnvoll sein, deren Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist. Bei Kindern
können sie spielerischen Anreiz zum Zähneputzen bewirken.

Grundsätzlich stelle man fest, dass das Bewusstsein der Bevölkerung
für die Mundgesundheit gewachsen ist, sagt der Präsident der
Bundeszahnärztekammer, Peter Engel. Fast 80 Prozent lassen ihre Zähne
regelmäßig vom Zahnarzt checken. Der Zahnarzt ist der am häufigsten
besuchte Facharzt. Doch Menschen aus sozial schwachen
Gesellschaftsgruppen profitieren nicht in gleichem Maße von diesem
Trend wie die breite Bevölkerung - dies treffe auch für Menschen mit
Migrationshintergrund zu.