Großstadt-Phänomen: Neuer Höchststand bei Syphilis-Diagnosen

Party, Drogen, Sex: Das wilde Großstadtleben hinterlässt seine
Spuren. Noch nie seit Einführung der Meldepflicht im Jahr 2001 war
die Zahl der Syphilis-Infektionen in Deutschland so hoch.

Berlin (dpa) - Syphilis-Infektionen haben 2015 in Deutschland einen
neuen Höchststand erreicht. Das Berliner Robert Koch-Institut (RKI)
registrierte 6834 diagnostizierte Fälle. Das seien 19 Prozent mehr
als im Vorjahr (5722 Fälle), heißt es im Infektionsepidemiologischen
Jahrbuch des Instituts. Es ist auch mit Abstand der höchste Wert seit
2001. Damals wurde die Krankheit meldepflichtig. Bundesweit kamen im
Jahr 2015 rund 8,5 Syphilis-Fälle auf 100 000 Einwohner.

Die höchsten Fallzahlen pro 100 000 Einwohner registrierten Ärzte in
den Stadtstaaten Berlin (39) und Hamburg (21). Leicht höher als im
Bundesdurchschnitt lagen die Zahlen auch in Bremen (8,8) und Sachsen
(8,6). Am niedrigsten war die Zahl der gemeldeten Diagnosen in
Brandenburg, Mecklenburg­Vorpommern und Thüringen mit maximal 3,7
Fällen pro 100 000 Einwohner.

Syphilis bleibt vor allem ein Großstadt-Phänomen. Auch deshalb liegt
die Berliner Innenstadt mit ihren zahlreichen Clubs, Saunen und
Pornokinos bei den Fallzahlen vorn. Bundesweit ist Syphilis jedoch
nach wie vor allem in der Schwulenszene präsent. Der Anteil der
Fälle, die vermutlich über sexuelle Kontakte zwischen Männern
übertragen wurden, lag 2015 bei 85 Prozent. Das ist nochmals ein
leichter Anstieg im Vergleich zum Vorjahr (84 Prozent). Die Zahl der
Meldungen stiegen neben Berlin zum Beispiel auch in Köln, Hamburg,
München, Frankfurt (Main), Düsseldorf und Leipzig an.

Der Anteil der wahrscheinlich heterosexuell erworbenen Infektionen
lag 2015 bei 15 Prozent und damit leicht unter dem entsprechenden
Anteil der Vorjahre. Allerdings stiegen im Vergleich zu 2014 die
Anzahl der Meldungen, bei denen Patienten Kontakte mit Prostitution
als Infektionsquelle angaben (146) um 25 Prozent an. Auch die der
Diagnosen bei Sexarbeitern (93) ging um rund ein Viertel nach oben.

Insgesamt haben sich die meisten Infizierten in Deutschland
angesteckt. Mit 16 Fällen pro 100 000 Einwohner erhielten deutlich
mehr Männer die Diagnose Syphilis als Frauen (1 Fall pro 100 000
Einwohner). Doch weiterhin wird nur bei rund einem Drittel der
Patienten die Krankheit im Frühstadium entdeckt, oft erst später.

Syphilis wird durch das Bakterium Treponema pallidum hervorgerufen.
Zu den ersten Symptomen zählen Geschwüre im Genitalbereich oder im
Mund. Diese sondern eine stark ansteckende Flüssigkeit ab. Bei
sexuellen Handlungen kann es so zur Übertragung kommen. Nach dem
Abheilen der Geschwüre verläuft die Krankheit in Schüben.

Syphilis lässt sich mit Penizillin gut behandeln. Unbehandelt führt
die Infektion zu Hautausschlägen und später auch zu Organschäden.
Davon kann auch das Gehirn betroffen sein - mit neurologischen
Folgen. Heute ist auch bekannt, dass sich Betroffene leichter mit HIV
anstecken können.

Bei den Syphilis-Ansteckungszahlen ist Deutschland aber keine
Ausnahme. Die Situation sei in anderen westeuropäischen Staaten
ähnlich, vor allem unter schwulen Männer, heißt es im RKI-Jahrbuch.