Erfolgreiches «Behördenjogging» mit syrischen Flüchtlingen Von André Jahnke, dpa

Mit seiner sechsköpfigen Familie flieht Walid aus Damaskus. Mehr als
vier Jahre ist das her. Nach einer lebensgefährlichen Odyssee kommt
die Familie in ein Dorf nahe Regensburg. Dank vieler Helfer klappt
die Integration inzwischen.

Mangolding (dpa) - Walid Al Ali ist glücklich mit dem Dorfleben in
der Oberpfalz. Nach einer dramatischen und lebensgefährlichen Flucht
aus Damaskus mit seiner Frau und vier Kindern fühlt er sich «richtig
angekommen» in Deutschland. «Wir lernen alle Deutsch und die Kinder
gehen in die Schule oder in den Kindergarten. Sie werden eine gute
Ausbildung bekommen», freut sich der 38-Jährige. Seit Dezember wohnt
die Familie in Mangolding in der Nähe von Regensburg in Bayern. In
die Dorfgemeinschaft mit gut 340 Menschen ist er integriert, vor
allem dank der Helfer, die die Familie unterstützen.

In dem Dorf hatte sich nach der Ankunft der Al Alis schnell ein
Helferkreis mit formiert. Der Pfarrer besorgte einen
Internetanschluss und drei Frauen helfen der Familie bei
Behördengängen, der Suche nach einem Kindergarten oder holen sie mit
dem Auto ab, um sie zum Arzt oder zum Sport zu fahren.

«Ich bin seit 17 Jahren bei Amnesty International aktiv. Mir sind
Menschenrechte extrem wichtig und hier kann ich den Menschen direkt
helfen», sagt Brigitte Karczmarek. Stundenlang brütet sie mit Walid
über Schreiben der Ämter, Krankenkassen und Jobcenter. Anfangs waren
die Helfer täglich unterwegs. «Behördenjogging» nennen sie es
scherzhaft.

«Ohne uns würden Flüchtlinge und auch die Behörden untergehen», s
agt
Matthias Großkopf. In seinem Ort werden drei weitere syrische
Familien betreut. Die Helfer sind überzeugt, dass durch ihren Einsatz
auch die Papiere der Flüchtlinge weniger Lücken aufweisen. Walid und
seine Familie haben es dank der Helfer schnell geschafft alle Papiere
zusammenzubekommen. Stolz zeigt Walid seinen Ausweis: Er ist
anerkannter Asylbewerber mit einem Aufenthaltstitel für drei Jahre.

Die Bürgermeisterin, Angelika Ritt-Frank (SPD), hält die dezentrale
Unterbringung von Migranten für sinnvoll. «Mit einer überschaubaren
Anzahl von Flüchtlingen kommt die Bevölkerung besser zurecht und kann
konkreter helfen», sagt sie.

Die Unterstützung hat aber auch eine Kehrseite. Manche Helfer fühlen
sich im Bekanntenkreis und auf der Arbeit wegen ihres Einsatzes für
die Flüchtlinge gemieden. «Es herrscht viel Unwissenheit, Angst und
Unsicherheit. Manche sind nicht bereit ihre Position zu
hinterfragen», erläutert Pia Pollicini, die den Flüchtlingen in ihrer

Gemeinde hilft. «Wie würden wir uns fühlen, wenn wir in Todesangst
geflüchtet sind und in ein Land kommen, dessen Sprache und Kultur wir
nicht kennen?», fragt sie die Kritiker.

Die mutmaßlichen islamistischen Terroranschläge in Würzburg und
Ansbach, begangen von Flüchtlingen, hat die Lage der Migranten noch
verschärft. «Viele von uns haben Angst, weil manche Deutsche glauben,
dass wir Terroristen sein könnten. Dabei sind wir vor dem Terror
geflohen und haben genug Blut gesehen», sagt Walid. Der Familienvater
wünscht sich Frieden, Arbeit und eine gute Ausbildung für die Kinder.

Drei Kinder der Al Alis gehen bereits zur Schule. Und auch der
38-jährige Walid drückt die Schulbank - bis zum kommenden Februar
geht er noch fünf Mal die Woche zum verpflichtenden Integrationskurs.
«Papa spricht am besten Deutsch, weil er auch alle Leute einfach
anspricht. Dann komme ich», sagt der 15-Jährige Mazen. Er spielt im
Verein Fußball und fährt mit dem Rad zum Training. Auf dem Platz ist
die Kommunikation überhaupt kein Problem, sagt er.

Walid möchte im Raum Regensburg bleiben und sucht eine Wohnung. Der
38-Jährige ist ungeduldig, er will so schnell wie möglich arbeiten
und seinen Führerschein machen - seine syrische Fahrerlaubnis wird
aber nicht anerkannt. In Damaskus hatte Walid ein Textilgeschäft. Er
will sich selbstständig machen, am besten in Regensburg. «Dort ist
eine große Geschäftskraft, viele Touristen», sagt er. Da er aber kein

Startkapital hat, muss er sich zunächst einmal einen Geschäftspartner
suchen.