Herzschmerz zum Valentinstag - Broken-Heart-Syndrom Von Sabine Dobel, dpa

Verlust, Trennung - gebrochenes Herz. Das ist nicht nur sentimentale
Einbildung. Stress und Kummer können aufs Herz schlagen. Das
Broken-Heart-Syndrom kommt mit ähnlichen Symptomen daher wie ein
Herzinfarkt - ist aber weniger gefährlich.

München (dpa) - Blumenläden haben Hochsaison, Juweliere hoffen auf
gute Geschäfte, rote Herzen prangen überall. Valentinstag, Tag der
Liebenden. Diejenigen, die allein sind, leiden jetzt besonders.

Das Broken-Heart-Syndrom als Krankheitsbild - Kardiologen befassen
sich damit seit Anfang der 1990er Jahre. Die Stress-Kardiomyopathie,
so der Fachjargon, kann bei schweren Verlusten, Trennungen und
psychischer Belastung auftreten, berichtet Jürgen Pache, Chefarzt der
Kardiologie an der Schön Klinik Starnberger See.

Die Erkrankung geht mit ähnlichen Symptomen einher wie ein Infarkt:
Das Herz krampft sich zusammen, die Brust schmerzt. Ursache ist aber
keine verschlossene Ader, sondern eine stressbedingte Verengung der
Herzkranzgefäße und damit eine Funktionsstörung des Herzmuskels.

«Betroffen sind Menschen, die plötzlich existenziell in Not sind,
etwa weil plötzlich die ganze Lebensgrundlage entzogen ist», sagt
Pache. Allerdings kann das Syndrom auch nach körperlicher Belastung
oder im Zusammenhang mit sehr starken körperlichen Schmerzen
auftreten, die ihrerseits psychischen Stress verursachen. In einem
Drittel der Fälle ist keine Ursache feststellbar.

Zunächst war das Gebrochene-Herz-Syndrom vor allem bei älteren Frauen
festgestellt worden, die ihren Mann verloren hatten. Mediziner in
Japan, die das Phänomen als erste beschrieben, nannten es Takotsubo,
weil die Form der linken Herzkammer an gleichnamige Tintenfischfallen
erinnert. Inzwischen wurden in einem internationalen Register 1700
Fälle gesammelt, um das eher seltene Phänomen besser zu verstehen.

Psychischer Stress wie Trennung oder Mobbing können auch den
Blutdruck nach oben treiben. «Das sind extreme psychische
Belastungen, die ganz gewaltige Auswirkungen auf das
Herz-Kreislauf-System haben», sagt Pache.

Menschen mit Liebeskummer berichten oft von Schmerzen in der
Herzgegend, auch wenn sie meist ohne medizinische Hilfe auskommen.
Verspannungen, Bauchschmerzen, Schlaflosigkeit, innere Unruhe,
eingeschränkte Leistungsfähigkeit und ein geschwächtes Immunsystem -

Liebeskummer kann den Körper gewaltig beinträchtigen, wie Iris Hauth,
Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und
Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde, erläutert.

Experimente in den USA hätten gezeigt, dass seelischer Schmerz und
soziale Zurückweisung im Gehirn ähnliche Regionen aktivieren wie
körperlicher Schmerz, sagt Hauth. «Es gibt einige wenige Studien, die
die seelische Verarbeitung von Liebeskummer mit funktioneller
Kernspintomographie darstellen», sagt die Ärztliche Direktorin am
Zentrum für Psychiatrie des Alexianer St. Joseph-Krankenhauses in
Berlin. Obwohl fast jeder Mensch im Laufe seines Lebens Trennung,
Schmerz und unerfüllte Liebe durchleidet: «Der Liebeskummer an sich
ist wissenschaftlich relativ schlecht untersucht.»

Langzeitfolgen sind schwer nachweisbar. Bei Konzentrationsmangel,
Depression oder gar Selbstmordgedanken sollten Betroffene laut Hauth
einen Therapeuten oder Psychiater zurate ziehen. Dass enttäuschte
Liebe in manchen Fällen suizidal endet, hat Johann Wolfgang von
Goethe in «Die Leiden des jungen Werther» eindrücklich beschrieben.

Kaum belegbar, aber häufig beobachtet: Gerade am Valentinstag gibt es
- wie an Weihnachten - Experten zufolge besonders oft Knatsch und
Beziehungskrisen. «An Tagen, an denen hohe Erwartungen bestehen an
die Einfühlung und das aufeinander Eingehen, kommt es natürlich
leichter zur Differenz - gerade wenn die Beziehung schon vorher
problematisch war», sagt Hauth.

Sandra Neumayr, Vizepräsidentin des Berufsverbands psychologischer
Berater, betreut seit 2012 per Hotline «Opfer» des Valentinstages. Es
schmerze, «andere Verliebte zu sehen und selbst unglücklich zu sein».

In bestehenden Beziehungen wiederum wögen Konflikte schwerer als
sonst. «Am Tag der Liebe stellt man sich etwas Anderes vor, als
Kälte, Streit, Vorwürfe und Kränkungen.»

Dieses Jahr will Neumayr gemeinsam mit Kollegen das Notfallangebot in
ihrer Paarberatungspraxis ausbauen. Rund 60 Prozent der Ratsuchenden
wollten den Valentinstag auch nutzen, um ihre Beziehung zu beleben.
Oft sind Missverständnisse der Liebeskiller. «Sie wünscht sich etwas

Silbernes, das ein Leben lang hält», beschreibt Neumayr einen Fall
aus ihrer Praxis. Er tut sein bestes, geht in die Stadt - und kauft
einen Block mit Messern in reinem Silber mit lebenslanger Garantie.