Krankenhäuser beklagen Milliardendefizit bei Notfallambulanzen

Berechnungen sagen, dass die Hälfte der Krankenhäuser rote Zahlen
schreiben. Nun sollen sie auch noch ohne Zulagen «Lückenbüßer» f
ür
nicht immer funktionierende Bereitschäften der niedergelassenen Ärzte
spielen.

Berlin (dpa) - Die Krankenhäuser beklagen eine erhebliche Überlastung
und massive Unterfinanzierung ihrer Notfallaufnahmen. Ein Grund sei,
dass die Kliniken mehr und mehr zum «Lückenbüßer» für die eigen
tlich
zuständigen Bereitschaftsdienste der niedergelassenen Ärzte würden.
Dies führe zu langen Wartezeiten für Patienten in den Ambulanzen,
kritisierte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen
Krankenhausgesellschaft (DKG), Georg Baum, am Dienstag in Berlin.
Terminschwierigkeiten niedergelassener Ärzte verschärften das Problem
noch.

Baum rechnete vor, dass für einen ambulanten Notfall durchschnittlich
32 Euro erstattet würden. Dem stünden Kosten von mehr als 120 Euro
gegenüber. Bei rund zehn Millionen ambulanten Notfällen führe dies zu

nicht gedeckten Kosten von einer Milliarde Euro. Die für
niedergelassene Ärzte errechnete Notfallvergütung reiche für die
kostenintensiven Leistungen und besser ausgestatteten Krankenhäuser
nicht aus.

Ein Drittel dieser zehn Millionen Notfälle könnten durch die
Bereitschaftsdienste der Niedergelassenen übernommen werden. Doch
selbst dort, wo diese Bereitschaftsdienste organisiert seien,
stimmten die Menschen mit den Füßen ab und gingen in die
Krankenhäuser.

Baum forderte den Gesetzgeber auf, diesen Entwicklungen mit neuen
Regelungen Rechnung zu tragen. Es werde Zeit, dass die Krankenhäuser
selbst mit der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) über die
Rahmenbedingungen und die Vergütung der ambulanten Notfallversorgung
verhandeln könne. Die in der geplanten Krankenhausreform vorgesehene
Aufforderung an die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), mit den
Kliniken zusammenzuarbeiten, reiche nicht aus. Die DKG plädierte
dafür, mehr Notfallpraxen an Krankenhäusern anzusiedeln.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hielt dem entgegen, die
KVen stellten einen flächendeckenden Bereitschaftsdienst sicher.
Zudem hätten sie eine bundesweite Bereitschaftsnummer (116117),
erklärte KBV-Sprecher Roland Stahl. Auch bei den Krankenhäusern habe
es eine Anhebung der Honorare etwa bei der Notfallbehandlung nachts
und am Wochenende gegeben.

Der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, argumentierte:
«Wenn die Behandlung eines Patienten mit einem verstauchten Knöchel
oder einer fiebrigen Erkältung nur deshalb um ein Vielfaches teurer
wird, weil er ambulant in einem Krankenhaus statt von einem
niedergelassenen Arzt versorgt wurde, dann läuft etwas schief. ...
Wir erwarten, dass die Krankenhäuser bei einem sich ändernden
Behandlungsbedarf ihr Leistungsangebot den Bedürfnissen der Patienten
anpassen und nicht einfach nur nach mehr Geld rufen.»