Ärzte ohne Grenzen: Ebola-Hilfe der Bundesregierung unzureichend

Die Forderung nach mehr militärischer Hilfe für die
Ebola-Krisenländer wird lauter. Die Bundesregierung stockte zumindest
finanziell auf - ein Einsatz der Bundeswehr könnte am Freitag
ausgelotet werden. Die Zahl der Infizierten steigt weiter.

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung tut nach Ansicht der Organisation
Ärzte ohne Grenzen nicht genug zur Bekämpfung der Ebola-Seuche in
Westafrika. «Ich bin mir nicht sicher, dass man sich hier in Berlin
des Ausmaßes dieser Krise wirklich bewusstgeworden ist», sagte
Geschäftsführer Florian Westphal am Donnerstag im «Deutschlandradio
Kultur». Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Mittwoch
zusätzliche Ebola-Hilfe in Form von Lufttransporten versprochen.
Inwieweit die Bundeswehr eingesetzt wird, ist bislang offen. Im
betroffenen Sierra Leone gilt von Freitag bis Sonntag die bereits
angekündigte landesweite Ausgangssperre.

Das Auswärtige Amt (AA) stockte am Donnerstag zumindest finanziell
auf: Es stellte weitere fünf Millionen Euro zur Bekämpfung der
Ebola-Epidemie bereit - die Finanzhilfen der Bundesregierung steigen
damit auf 17 Millionen Euro. Es sei die Verantwortung Deutschlands,
gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft umfassende Hilfe zu
leisten, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in Berlin.

Ärzte ohne Grenzen kritisiert aber gerade die bislang ausbleibende
Hilfe direkt in Westafrika. «Die Verzweiflung nimmt jeden Tag zu. Wir
schaffen das nicht mehr allein», sagte Vorstandsvorsitzender Tankred
Stöbe dem Radiosender «Bayern 2». Die Hilfskräfte, die vor allem in

den Ebola-Krisenländern Guinea, Liberia und Sierra Leone eingesetzt

werden, seien mit ihren Kräften am Ende. Der Einsatz von
militärischen Anti-Seuchen-Einheiten würde helfen.

Auch das EU-Parlament forderte am Donnerstag dazu auf, den
internationale Kampf gegen das Virus mit Luftbrücken und
militärischen Mitteln zu verstärken. Der UN-Sicherheitsrat solle mit
den USA einen Einsatz prüfen. Die USA hatten bereits angekündigt,
rund 3000 Soldaten in das Krisengebiet zu schicken.

An diesem Freitag wollen die Staatssekretäre der befassten
Bundesressorts im Auswärtigen Amt zusammenkommen, um alle weiteren
Schritte der Bundesregierung im Kampf gegen Ebola abzustimmen. Neben
dem AA sind auch das Gesundheits-, Verteidigungs- und
Entwicklungsministerium in die Planungen einbezogen. Die
«Bild»-Zeitung (Freitag) berichtete, dabei solle auch überlegt
werden, wie die Bundeswehr eingesetzt werden könne.

Die Zahl der Patienten und Toten steigt weiter. Nach neuen Daten der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren bis 14. September in Liberia,
Sierra Leone, Guinea, Nigeria und dem Senegal 5357 Patienten
registriert, 2630 davon sind gestorben. Unter den Erkrankten sind
auch 318 Ärzte und andere Helfer - 151 von ihnen starben.

Während der Ausgangssperre in Sierra Leone sollen Gesundheitsarbeiter
des Landes von Haus zu Haus gehen, die Bevölkerung über das Virus
aufklären und mögliche Ebola-Kranke ausfindig machen. Die Aktion ist

aber umstritten: Experten monieren, dass es viel Erfahrung brauche,
um bei einem solchen Tür-zu-Tür-Screening Menschen mit Symptomen
auszumachen. Darüber hinaus stünden nicht genug Ebola-Zentren für
neue Patienten zur Verfügung.

Der Chef der Notfallbehörde (EOC) Sierra Leones, Steven Gaojia,
erklärte, dass es noch Zeit brauche, um die Seuche zu besiegen. «Die
Situation wird sich wahrscheinlich noch verschlechtern, bevor sie
besser wird. Die dreitägige Ausgangssperre ist deshalb als rein
psychologische und erzieherische Maßnahme gedacht.»

Zudem droht dem Land Experten zufolge nun auch noch eine Hungersnot
Eine Studie der Welthungerhilfe zeige, dass sich die Folgen der
Ebola-Epidemie in Sierra Leone weit dramatischer auswirken könnten
als die Krankheit selbst. «Ab März rechnen wir hier mit gravierendem

Hunger», warnte Landeskoordinator Jochen Moninger. Grund für die
prekäre humanitäre Lage sei unter anderem ein rasanter Anstieg der
Lebensmittelpreise im ländlichen Raum, auch weil Transporte nur noch
tagsüber zu bestimmten Zeiten erlaubt seien.