Ethikrat-Mitglied: Situation von früher nicht mit heute gleichsetzen

Transplantationsmediziner sind entsetzt über den
Manipulationsverdacht am Deutschen Herzzentrum in Berlin. Doch sie
betonen auch, in der letzten Zeit habe sich vieles verbessert im
Umgang mit den viel zu knappen Spenderorganen.

Essen/Berlin (dpa) - Im Fall der Ermittlungen gegen das Deutsche
Herzzentrum hat Transplantationsmediziner und Ethikratmitglied
Eckhard Nagel zu einer differenzierten Sichtweise aufgerufen. «So
sehr ich schockiert bin über die Meldung, so sehr gehe ich davon aus,
dass dies heute nicht mehr möglich wäre», sagte der Professor und
ärztliche Direktor des Universitätsklinikums Essen der
Nachrichtenagentur dpa.

In Berlin ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen versuchten
Totschlags gegen das Deutsche Herzzentrum. Es bestehe der Verdacht,
dass Wartelisten für Herztransplantationen manipuliert worden seien,
sagte Sprecher Martin Steltner am Freitag. Ermittelt werde, ob
Patienten auf der Liste bevorzugt wurden, während andere nach hinten
rutschten und damit in Lebensgefahr gerieten.

Nagel sagte, man müsse differenzieren zwischen dem, was in Berlin
zwischen 2010 und 2012 passiert sein solle und der aktuellen
Situation: Es habe sich viel getan im Bereich der
Transplantationszentren. Es seien Transplantationskonferenzen
eingeführt worden sowie das Sechs-Augen-Prinzip zur Prüfung aller
Daten bei der Anmeldung auf die Warteliste. «Ich bin davon überzeugt,
dass das heute gar nicht mehr möglich wäre, bei den Veränderungen und

Kontrollen, die stattgefunden haben», sagte der Mediziner mit Blick
auf den Berliner Fall.

Zugleich betonte er, in diesem Jahr müssten in Deutschland wieder
mehr Patienten auf der Warteliste sterben als im vergangenen Jahr:
«Das ist ein unhaltbarer Zustand», sagte der Mediziner. «In
Deutschland sterben Menschen, die in Nachbarländern überleben
würden.» Das sei mehr als bedrückend und besorgniserregend.

Entsetzt über den Manipulationsverdacht in Berlin zeigte sich Jan
Gummert, Direktor am Herz- und Diabeteszentrum Bad Oeynhausen. «Das
ist ein absolutes Desaster. Das reicht, um das mühsam
wiederhergestellte Vertrauen in die Organspende erneut zu zerstören»,
sagte er der «Neuen Westfälischen». Gummert fürchtet,
dass der Skandal sich stark auf die Spendenbereitschaft auswirkt.
Auch in Bad Oeynhausen werde die Warteliste mit Patienten,
die auf ein Spenderherz warteten, ständig länger.

# Notizblock

## Internet
- [Tagesspiegel-Bericht](http://dpaq.de/EzdFw)
- [Bericht Berliner Zeitung](http://dpaq.de/c6d7M)
- [Deutsches Herzzentrum Berlin](http://dpaq.de/C8elU)
- [Stellungnahme Bundesärztekammer](http://dpaq.de/jDQxY)
- [Stellungnahme Berliner
Gesundheitsverwaltung](http://dpaq.de/ItJYE)

## Orte
- [Deutsches Herzzentrum Berlin](Augustenburger Platz 1, 13353
Brelin)
- [Staatsanwaltschaft](Turmstraße 91, 10559 Berlin, Deutschland)

230530 Aug 14