(Zusammenfassung 1515) Kinderärzte für Warnhinweise auf Spielekonsolen

Wie schädlich ist Computer- und Fernseh-Dauerkonsum für Kinder und
Jugendliche wirklich? Das diskutieren seit Freitag 500 Kinderärzte
auf einem Kongress in Weimar. Es geht auch um die Herausforderungen
an den eigenen Berufsstand.

Weimar (dpa/th) - Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte
ist wegen suchtgefährdeter jugendlicher Onlinespieler für
Warnhinweise auf den Geräten. «Zu viel PC- und Spielekonsum kann die
Gesundheit schädigen, deshalb müssen entsprechende Warnhinweise auf
die Spielekonsolen», sagte der Mediziner Rainer Riedel aus Köln zum
Auftakt eines Jugendmedizin-Kongresses am Freitag in Weimar. Der
Verband (BVKJ) plädierte außerdem für die Aufnahme von
Medienerziehung in die Gesundheitsvorsorge bei Kindern und
Jugendlichen. Dafür müssten die Ärzte aber auch entsprechend geschult

sein.

«Medienberatung sollte ebenso Teil der Prävention sein wie etwa die
Ernährungsberatung», sagte Tagungsleiter Uwe Büsching. Auf dem
Kongress für Jugendmedizin diskutieren seit Freitag rund 500
Ärzte die gesundheitlichen Auswirkungen von Fernseh-, PC- und
Internetkonsum auf Kinder und Jugendliche. Die modernen Medien
hätten nicht nur das Sozialverhalten von Teenagern gründlich
geändert, sagte Riedel. «Sie treffen sich nicht zum Spielen, sie
chatten und schreiben E-Mails.» Auch Anerkennung bezögen sie oftmals
aus dem Netz, wenn sie etwa in PC-Spielen Erfolge vorweisen könnten.

Nach Untersuchungen des Kriminologischen Forschungsinstitutes
Niedersachsen spielt in Deutschland mehr als jeder vierte männliche
Jugendliche regelmäßig Computerspiele. Unter den 15-jährigen
Jugendlichen gelten demnach 1,7 Prozent als computerspielsüchtig.
Kinderärzte beobachten seit Jahren unter anderem Sprach- und
Bewegungsdefizite als Folge des virtuellen Dauerkonsums. Weil dieser
mit ungesunder Ernährung gekoppelt sei, steige die Zahl fettleibiger
und diabeteskranker Kinder. Auch die Fähigkeit zur Lösung realer
Konflikte leide. «Das Aggressionspotenzial steigt, die Hemmschwellen
sinken», sagte Riedel. Thüringer Kinder sehen nach einer Studie
besonders viel fern.

Die Mehrheit der Kinder- und Jugendärzte stehe dieser Entwicklung
hilflos gegenüber, räumte Kongressleiter Büsching ein. Nach
Einschätzung von BVKJ-Präsident Wolfram Hartmann sind die meisten der
rund 11 000 deutschen Kinderärzte selbst nicht fit genug im Umgang
mit modernen Medien, um ihren Patienten und deren Eltern sachgerecht
Hilfe leisten zu können.

Der Berufsverband warb außerdem für ein nationales Impfkonzept, um
den Impfschutz von Kindern und Jugendlichen zu verbessern. Es müsse
sichergestellt werden, dass 95 Prozent aller Kinder an den
empfohlenen Schutzimpfungen teilnehmen, verlangte Hartmann. Wichtig
sei vor allem, Ansteckungen in Kinderkrippen zu vermeiden. Aus
Verbandssicht könnte die Gewährung eines Krippenplatzes an einen
vollständigen Impfnachweis gekoppelt werden.

Nach Verbandsangaben hat es in Deutschland in diesem Jahr unter
anderem bereits rund 300 Masern-Fälle wegen ungenügenden Impfschutzes
gegeben, vor allem in Schleswig-Holstein und Bayern. In Thüringen
sieht der Verband neben dem Schutz vor Masern vor allem Nachholbedarf
bei Schutzimpfungen gegen Hepatitis B- und Meningokokken-Infektionen.

# dpa-Notizblock

## Internet
- [Berufsverband](www.kinderaerzte-im-netz.de)

## Orte
- [Kongress](Weimarhalle, Unesco-Platz, 99423 Weimar)