21 Jahre im Koma - Eltern kämpfen für ihren Sohn Von Hubert Kahl, dpa

Ein Spanier liegt seit einer missglückten Schönheitsoperation vor 21
Jahren im Koma. Seine Eltern kämpften bisher vergeblich um eine
Entschädigung. Sie verloren ihre Wohnung, weil sie die Gerichtskosten
nicht zahlen konnten. Nun gibt es für sie neue Hoffnung.

Madrid (dpa) - Antonio Meño war ein sportlicher junger Mann, bis
eine Schönheitsoperation ihm zum Verhängnis wurde. Der Madrider
Jura-Student wollte sich die Nase korrigieren lassen, der Eingriff
ging jedoch schief. Der damals 21-Jährige fiel ins Koma. Dies war am
3. Juli 1989. Mehr als 21 Jahre später ist Antonio noch immer im
Koma. Er liegt jedoch weder in einer Klinik noch daheim in einer
Wohnung, sondern in einer zeltähnlichen Hütte auf einem Platz
mitten in Madrid.

Dort lebt er mit seinen Eltern, die den Sohn füttern, waschen und
sich tagein tagaus um ihn kümmern. Der 66-jährige Vater und die 65
Jahre alte Mutter haben ihre mit Plastikplanen errichtete Behausung
vor eineinhalb Jahren auf der Plaza de Jacinto Benavente vor einem
Justizgebäude aufgebaut. Mit der Hütte protestieren sie dagegen, dass
ihnen die Gerichte bislang jede Entschädigung für die verhängnisvolle

Operation versagten. «Wir verlangen nur Gerechtigkeit», steht in
großen Lettern über dem Eingang.

In einem Zivilverfahren hatten die Gerichte in drei Instanzen
entschieden, dass bei der Operation damals das Krankenhaus und die
Ärzte keine Schuld traf. Nach Darstellung der Richter hatte sich
Antonio während der Narkose erbrochen, so dass die Sauerstoffzufuhr
zum Gehirn unterbrochen wurde. Vor zwei Jahren entschied der Oberste
Gerichtshof, dass die Eltern die Prozesskosten in Höhe von 400 000
Euro zahlen müssen, und ließ die Eigentumswohnung des Ehepaars
pfänden. Daraufhin zog die Familie in die selbst gebaute Hütte um.

«Ich hoffe darauf, dass uns endlich die Gerechtigkeit zuteilwird,
die uns mehr als 20 Jahre vorenthalten wurde», sagte Mutter Juana
Ortega. «Mein Sohn kam gesund ins Krankenhaus, aber das war er
nicht mehr, als man ihn mir zurückgab.» Mit ihrem jahrelangen Kampf
gegen die spanische Justiz hat sie sich in der Presse einen Namen als
«Mutter Courage» gemacht.

Ihr Sohn befindet sich in einem Wachkoma, das in der Medizin auch
als persistierender vegetativer Status (PVS) bezeichnet wird. Er ist
zwar wach, aber er starrt vor sich hin und kann mit der Außenwelt in
keinerlei Kontakt treten. Die Behörden tolerieren das blaue
Plastikzelt im Zentrum von Madrid, Touristen und Passanten fragen
sich, was es mit der Hütte wohl auf sich hat.

Die Protestaktion der Eltern hatte einen ersten Erfolg. Es meldete
sich ein Mediziner, der in seiner Ausbildung damals bei der Operation
dabei war. Er sagte aus, dass sich bei dem Eingriff ein Schlauch
gelöst habe, über den Antonio künstlich beatmet wurde. Der
Narkosearzt habe dies nicht bemerkt, weil er in einen anderen
Operationssaal gegangen war und erst herbeigerufen werden musste.

Die Aussage dieses Zeugen bewog den Obersten Gerichtshof dazu, das
Verfahren neu aufzurollen und einen neuen Prozess abzuhalten. Das
Urteil wird in den kommenden Wochen erwartet. «Die Eltern brauchen
unbedingt eine finanzielle Entschädigung», sagte der Anwalt Luis
Bertelli der Zeitung «El Mundo». «Sie wollen sicherstellen, dass sich

jemand um ihren Sohn kümmert, wenn sie eines Tages nicht mehr am
Leben sein werden.»

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## Orte
- [Plastikhütte](Plaza de Jacinto Benavente, 28012 Madrid, Spanien)
- [Oberster Gerichtshof](Tribunal Supremo, Plaza Villa de París,
28004 Madrid, Spanien)