Gesundheits-Kommission startet - SPD-Kritik

Berlin (dpa) - Die von der Regierung eingesetzte Kommission zur
Reform der Krankenkassenfinanzen nimmt heute (Mittwoch/15.00) in
Berlin ihre Arbeit auf. Unter dem Vorsitz von Gesundheitsminister
Philipp Rösler (FDP) nehmen daran sieben seiner Kabinettskollegen
teil, darunter auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. Die
Kommission soll nach den Vorstellungen Röslers auch den Weg für eine
allein von den Kassenmitgliedern zu bezahlende, einkommensunabhängige
Prämie ebnen. Eine solche Pauschale wird von der CSU abgelehnt, die
in dem Gremium von Verbraucherministerin Ilse Aigner vertreten wird.

Die Vorsitzende des Bundestags-Gesundheitsausschusses, Carola
Reimann (SPD), rechnet nicht mit raschen Ergebnissen der Kommission.
«Ich bezweifele, dass es ein greifbares Ergebnis gibt. Ich erwarte,
dass sich die Kommission lediglich auf einen Terminplan, auf die
Geschäftsordnung und auf Formalien verständigt», sagte Reimann der
Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin.

Reimann äußerte sich mit Blick auf Bundeskanzlerin Angela Merkel
(CDU) grundsätzlich skeptisch über die Erfolgsaussichten der neuen
Kommission. «Seit dem vergangenen Wochenende ist ihr der Auftrag
entzogen: Die Kanzlerin hat angemerkt, das es keine Umfinanzierung im
Gesundheitssystem geben wird in dieser Legislaturperiode. Da stellt
sich mir schon die Frage nach dem Arbeitsauftrag.»

SPD-Chef Sigmar Gabriel warf Rösler vor, er wolle «die gesetzlich
Versicherten den Privaten Krankenkassen ausliefern». Er sagte der
«Passauer Neuen Presse» (Mittwoch): «Eine Kopfpauschale kostet 35
Milliarden Euro Sozialausgleich im Jahr, der Gesundheitsminister will
weniger als 10 Milliarden Euro ausgeben. Daraus kann man nur einen
Schluss ziehen: Es sollen Leistungen gestrichen werden, die die
gesetzlich Versicherten in Zukunft bei den Privatkassen einkaufen
müssten.» Das sei «Klientelpolitik der FDP in Reinkultur».

Der bayerische Umwelt- und Gesundheitsminister Markus Söder (CSU)
verwarf in der «Frankfurter Rundschau» (Mittwoch) alle Varianten
einer Kopfpauschale. Söder lehnt auch das Modell einer Extraprämie
von 29 Euro ab, das dem Vernehmen nach im Rösler-Ministerium
entworfen wurde. «Der neue Vorschlag ist eine Kopfpauschale light»,
sagte Söder. Auch diese verletze «das grundlegende Prinzip des
Sozialstaats», wonach «der Starke etwas mehr gibt, damit der Schwache
genauso gut behandelt wird». Um die Gesundheitsfinanzen in den Griff
zu bekommen, forderte Söder, die Kosten für Medikamente einzufrieren.

Der Finanzexperte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Manfred Kolbe,
forderte zur Kosteneindämmung eine Ausgrenzung gefährlicher
Sportarten aus dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Kassen sowie
die nur noch eingeschränkte medizinische Versorgung für Risikofälle.

Er sagte der «Leipziger Volkszeitung» (Mittwoch): «In der
Gesundheitspolitik steht vor der Suche nach einer neuen Finanzierung
eine Stärkung der Eigenverantwortung, um die Gesundheitskosten in
einem vernünftigen Rahmen zu halten.» Kolbe fügte hinzu: «Ein
gesunder Lebenswandel muss prämiert, teure Sportunfälle wie beim
Fallschirmspringen müssen selber bezahlt werden. Und die gesetzliche
Krankenversicherung kann auch nicht jedem Kettenraucher eine
Lungentransplantation finanzieren.»

(Die Beiträge lagen dpa in redaktionellen Fassungen vor.)
dpa ll/vs yyzz z2 ll